© 2016 Reiner Wandler

Mit Blick auf den Nordwesten

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Rajoy oder Sánchez – Rajoy und Sánchez. /Foto: Partido Popular  

Es ist fast wie eine Realityshow. „Spanien sucht den Regierungschef“, könnte sie heißen. Der eine, der konservative noch amtierende Ministerpräsident Mariano Rajoy, will erneut und kann nicht, da ihm die nötigen Stimmen im Parlament fehlen. Der andere, der Sozialist Pedro Sánchez, könnte, wenn auch mit Schwierigkeiten, aber will nicht. Alle schauen jetzt in Spaniens Nordwesten. Dort wird am Sonntag sowohl in Galicien als auch im Baskenland gewählt. Je nachdem wie der Urnengang ausgeht, könnte doch noch Bewegung in die Madrider Politiklandschaft kommen. Sollte das Parlament bis Ende Oktober keine Lösung findet, werden die Spanier in nur einem Jahr zum dritten Mal an die Urnen gerufen. Wahltag wäre dann am 1. Weihnachtsfeiertag, dem 25. Dezember.

Rajoy hofft auf den Wahlsieg der Partido Popular (PP) in seiner Heimat und konservativen Hochburg Galicien. Dies würde seine Position in Madrid stärken. Die Sozialisten hoffen knapp vor dem Bündnis Marea an dem auch Podemos beteiligt ist, zweiter zu werden und so das Gesicht zu wahren. Im Baskenland werden die beide großen Parteien weiter absacken. Umfragen sagen den Sozialisten der Verlust der Hälfte ihrer bisher 16 baskischen Abgeordneten vorher. Die PP wird gar noch dahinter liegen. Die Baskisch Nationalistische Partei (PNV) wird erneut gewinnen. Und muss dann einen Bündnispartner suchen. PP und PSOE böten sich an, falls dies in ihr Madrider Kalkül passt. Um Platz 2 streiten sich die Linksnationalisten von Bildu, die dem Umfeld der Separatistenorganisation ETA angehören, die vor 5 Jahren die Waffen niederlegte, und Podemos. Beide Zusammen könnten die Mehrheit für eine Linksregierung erreichen.

Je nach Szenario in den beiden Regionen, wird das auf Madrid Auswirkungen haben. Ende August stimmten die Abgeordneten der PSOE gegen eine Regierung Rajoy, der die Unterstützung der rechtsliberalen Ciudadanos (C‘s) gewonnen hatte. Sieben Stimmen fehlten Rajoy somit zur Mehrheit von 176 im spanischen Parlament. Der Druck auf die Sozialisten (PSOE) von innerhalb und ausserhalb der Partei sich zu enthalten, war groß, doch Sánchez blieb beim Nein. Ja nachdem, wie die Regionalwahlen ausgehen, wird der Druck auf die Sozialisten, eine Minderheitsregierung Rajoy zu ermöglichen, zunehmen. Auch die PNV könnte sich im Gegenzug für eine Unterstützung im Baskenland in Madrid an Rajoy annähern.

Zwar führt der Sozialist Sánchez selbst Gespräche mit allen Parteien, doch ohne sich förmlich um das Amt des Ministerpräsidenten zu bewerben. Ihm scheint es darum zu gehen, Zeit zu gewinnen. Denn in der PSOE werden die Stimmen seiner Gegner immer lauter. Solange er verhandelt, kann er einen längst überfälligen Parteitag weiter hinauszögern.

Podemos-Chef Pablo Iglesias, der den Sozialisten angeboten hat, über eine Regierung zu verhandeln, zeigt sich überrascht. Er besteht darauf: Zwar hätten beide Parteien nur 156 Abgeordnete hinter sich, doch falls nationalistische Kräfte aus dem Baskenland und Katalonien zustimmen sollten, oder sich C‘s der Stimme enthält, wäre eine solche Minderheitsregierung machbar. Doch Sánchez will auf keinen Fall von den Nationalisten unterstützt werden. Und große Teile des Parteivorstandes wollen auf keinen Fall mit Podemos zusammengehen. „Wenn er dritte Wahlen will, dann soll er das den Spaniern offen sagen“, fordert Podemos-Chef Iglesias und besteht auf eine fortschrittliche Regierung, die die Austerität beendet.

Eine Enthaltung von C‘s wird es nicht geben. „Nur eine Minderheitsregierung der PP ist ein gangbarer Weg“, heisst es aus den Reihen der Rechtsliberalen, die mit der PP 150 Maßnahmen ausgehandelt haben, im Gegenzug für die Zustimmung zu Rajoy als neuer Regierungschef. Nach den ersten Wahlen im Dezember hatte C‘s ein ähnliches Abkommen mit Sanchez geschlossen.

Dies zeige, so C‘s, dass PP und PSOE durchaus zusammen regieren könnten, wenn sie nur wollten. „Wir paktierten mit der PSOE, damit die Sozialisten nicht mit Podemos regieren“, gibt Parteisprecherin Inés Arrimadas unumwunden zu und fordert die Sozialisten auf, Verantwortung zu zeigen und Rajoy zu unterstützen. 100 der 150 Maßnahmen aus dem Abkommen mit der PP standen Wort wörtlich gleich auf der Liste des Paktes mit der PSOE. Eine große Koalition sei deshalb machbar, so Arrimadas.

Zumindest in einem sind sich alle Parteien in Madrid bereits vor dem Urnengang in Galicien und dem Baskenland einig. Am 25. Dezember wählen zu gehen sei keine gute Idee. Sollten Neuwahlen notwendig werden, wollen alle gemeinsam das Wahlrecht ändern, um den Termin eine Woche vorzuziehen.

Was bisher geschah: