© 2015 Reiner Wandler

Konservative ohne Sinn für Humor

 

Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy ist Charlie, doch nur in Paris. Während der Konservative am Sonntag mit Dutzenden hochrangigen Politikern aus aller Welt für Meinungsfreiheit und gegen Terrorismus demonstrierte, bereitet der Oberste Strafgerichtshof – die Audiencia Nacional – zu Hause in Madrid ein Verfahren gegen den Humoristen Facu Díaz vor. Der junge Künstler geht einmal in der Woche mit seinem satirischen Nachrichtenmagazin „Tuerka News“ in Netz. Jetzt wird er der „Verunglimpfung der Opfer des Terrorismus“ beschuldigt. Die Anzeige stammt von der Rajoys Volkspartei (PP) nahestehenden Gruppierung „Würde und Justiz“. Am Donnerstag muss Díaz erstmals vor den Kadi.

Das fragliche Programm wurde am 29. Oktober vergangenen Jahres online gestellt. Es trägt den Titel „Die PP löst sich auf“. Facu Díaz sitzt vermummt vor der Kamera. An der Wand das Emblem von Rajoys Partei, auf dem Tisch ein Foto eines am Tag zuvor wegen Korruption verhafteten hochrangigen PP-Politikers. Der Vermummte gibt bekannt, dass die konservative Partei nach 20 Jahren „endgültig ihre bewaffneten Aktivitäten einstellt“. Er fordert die Freilassung des wegen illegaler Parteienfinanzierung inhaftierten Schatzmeisters und „die Zusammenlegung der Gefangenen aus der PP“ im Steuerparadies Andorra. „Die Entscheidung fiel, als wir die Kandidatenlisten für die kommenden Wahlen zusammenstellen wollten. Wir merkten, gegen alle wird ermittelt“, erklärt der vermummte Díaz. Das gewählte Szenario gleicht dem von vor drei Jahren, als die baskische Separatistenorganisation ETA ankündigte, den bewaffneten Kampf endgültig einzustellen.

Genau deshalb klagt „Würde und Gerechtigkeit“. Der Sketch sei eine „Verharmlosung“ ETAs und damit eine Beleidigung deren Opfer. „Es gibt keine Themen, über die man keine Witze machen darf“, verteidigt sich Díaz.

Rajoys PP nutzt die Klage, um Stimmung gegen die neue linke Protestpartei Podemos zu machen, die bei Umfragen deutlich vor den Konservativen liegt. La Tuerka strahlt neben den Nachrichten von Facu Díaz wöchentlich drei weitere Programme aus. Die meisten Zuschauer erzielt Podemos-Gründer und Generalsekretär Pablo Iglesias. Der Politikprofessor interviewt dort bekannte Künstler,Professoren und Politiker. Er solle sich von Díaz distanzieren, fordern die Konservativen. Alles andere käme der Unterstützung des Terrorismus gleich. Iglesias stellt sich stattdessen hinter den Humoristen. Viele Internauten tun es ihm gleich. #JeSuisFacu heisst die Kampagne im Netz.

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