© 2016 Reiner Wandler

Nr. 8719600510 ist frei

otegi3

Häftling 8719600510 ist frei. Unter dieser Nummer saß der baskische Linksnationalist Arnaldo Otegi sechs ein halb Jahre im Gefängnis. Am Dienstag wurde er freigelassen. „Ich war in Haft, weil ich für den Frieden eintrat“, erklärte der 57-Jährige auf einer improvisierten Kundgebung unter Applaus seiner Angehörigen – darunter seine Frau und seine zwei Kinder – sowie Hunderter Sympathisanten.

Vielen sehen in Otegi einen baskischen Gerry Adams. Wie sein irischer Kollege sagte sich Otegi von der Gewalt los und trat als erster namhafter Politiker aus dem ETA-Umfeld für die Niederlegung der Waffen und einen Friedensprozess ein. Er wollte 2009 zusammen mit einer Handvoll Gesinnungsgenossen eine neue Partei gründen. Sie sollte nicht einfach die verbotene ETA-nahe Herri Batasuna (HB) ersetzen, sondern einen neun Weg Richtung Frieden einschlagen. Der spanische Starrichter Baltasar Garzón ermittelte dennoch. Otegi handle im Auftrag der ETA. Dies führte zu einer Verurteilung zu zehn Jahren Haft.

Otegi wurde schnell zum bekannteste politische Häftling in Spanien. Vom südafrikanischen Priester Desmond Tutu über die ehemalige politischen Gefangenen aus den USA, Angela Davis, bis hin zum Präsidenten Uruguays, José Múgica forderten seine Freilassung.

Otegi schloss sich bereits in seiner Jugend der ETA an. Mit 18 flüchtete er nach Frankreich, um sich einer Verhaftung zu entziehen. Nach seiner Abschiebung 1987, sass er wegen der Entführung eines Unternehmers drei Jahre ab. Später wurde er immer wieder verhaftet und meist freigesprochen, bevor er 1994 ins politische Lager überwechselte und für HB ins baskische Autonomieparlament einzog.

Doch auch dies schützte ihn nicht vor Strafverfolgung. 2005 wurde er wegen „Majestätsbeleidigung“ für ein Jahr inhaftiert. Otegi hatte König Juan Carlos „Chef der Folterer“ genannt. Strassburg monierte dies und zwang den spanischen Staat 23.000 Euro Entschädigung zu zahlen. Die Strafe verletze die Meinungsfreiheit, hieß es.

Otegis politische Linie setze sich durch. ETA legte vor vier Jahren tatsächlich die Waffen nieder. Der charismatische Politiker, der am kommenden Samstag erstmals auf einer Großveranstaltung in San Sebastián sprechen wird, hat Pläne. Er will für die 2013 gegründete linksnationalistische Sortu, zu deren Vorsitzender er gewählt wurde, obwohl er inhaftiert war, zum baskischen Regierungschef kandidieren.

„Otegi ist nicht Mandela“, titelte die rechte Tageszeitung La Razón gestern einen Kommentar. Viele baskische Wähler und Wählerinnen sehen das anders. Otegi werden gute Chancen eingeräumt, tatsächlich in den Regierungspalast Ajuria Enea einzuziehen./Foto: facebook.com/Arnaldo.Otegi

Was bisher geschah: