© 2016 Reiner Wandler

Spanien verfehlt das Ziel deutlich

DSCF0244

Euro-Krise ausgestanden? Fehlanzeige. Ausgerechnet das größte Sorgenkind, Spanien, riss 2015 mit Bravour die Defizithürde. Der konservative, amtierende Finanzminister Cristóbal Montoro musste jetzt eingestehen, dass das mit Brüssel abgesprochene Ziel von 4,2 Prozent Haushaltsdefizit nicht erreicht wurde. Stattdessen seien es 5,16 Prozent. Jetzt droht ein Bussgeld der EU.

Die Ausgaben liegen 10 Milliarden Euro über dem Ziel. Seit Spanien 2008 in die Krise geriet, erfüllte Madrid nur zweimal die Defizitvorgaben. Brüssel hat dem Land auf der Iberischen Halbinsel 40 Milliarden Euro zur Bankenrettung zur Verfügung gestellt. Die Staatsverschuldung stieg im Laufe der Krise von 39 Prozent 2008 auf mittlerweile rund 100 Prozent des BIPs.

Das erhöhte Defizit 2015 sei das Verschulden der Autonomen Regionen, vergleichbar mit den deutschen Bundesländern, entschuldigt Montoro die Mehrausgabe. Er hält sie jetzt zu mehr Sparen an. Nur die Kanarischen Inseln, Galicien und das Baskenland haben demnach die strikte Haushaltsdisziplin von 2 Prozent Defizit eingehalten. Die größte Neuverschuldungen sind in Katalonien und der Region Valencia zu verzeichnen. Zweitere wurde bis Mitte des Jahres ebenso wie Gesamtspanien von den Konservativen regiert.

Künftig sollen die Ausgaben der Regionen nicht mehr als 1,8 Prozent steigen dürfen. Spaniens Bürger wird dies besonders hart treffen. Denn die Regionen sind unter anderem für Bildung und Gesundheitswesen zuständig. Dort wurden im Laufe der Krise Zehntausende Arbeitsplätze abgebaut. Die Qualität der Schulen und Krankenversorgung leidet schwer darunter. Um im laufenden Jahr wie abgemacht auf unter 3 Prozent Haushaltsdefizit zu kommen, müssen rund 25 weitere Milliarden Euro eingespart werden.

Das schlechte Abschneiden 2015 war eigentlich vorhersehbar. Das vergangene Jahr war ein Superwahljahr mit Regional-, Kommunal- und schließlich Parlamentswahlen. Die Regierung des konservativen Mariano Rajoy lockerte die Zügel, um den sozialen Kahlschlag der vergangenen Jahre vergessen zu machen. Für 2016 arbeitete die Regierung gar – trotz scharfer Kritik aus Brüssel – einen Haushalt aus, der Mehrausgaben im Sozialbereich und Steuersenkungen versprach. Es half alles nicht. Die Konservativen wurden an den Urnen abgestraft, verloren die meisten Regionalregierungen, viele Rathäuser und die absolute Mehrheit im Parlament.

Spanien hat derzeit nur eine amtierende Regierung, die über keine Mehrheit im Parlament verfügt. Denn am 20. Dezember zogen erstmals vier starke Parteien ins Parlament ein, neben Rajoys Partido Popular (PP) und der sozialistischen PSOE, erreichte die neue Antiausteritätspartei Podemos mit über 20 Prozent einen großen Erfolg. Außerdem sind die rechtsliberalen Ciudadanos mit einer starken Fraktion vertreten. Die Parteien erhandeln bisher vergebens, um eine Regierungsmehrheit zu finden. Neuwahlen für Ende Juni werden immer wahrscheinlicher. Bis Spanien dann wieder politikfähig ist, könnte es Herbst werden.

Was bisher geschah: