Spaniens neue Parteienlandschaft hat am kommenden Sonntag Generalprobe. Erstmals wird mit Andalusien eine Region ihr Parlament unter Beteiligung der neuen Podemos („Wir können“) wählen. Die Umfragen sehen die vor etwas mehr als einem Jahr entstandene politische Kraft, rund um den 36-jährigen Politikprofessor Pablo Iglesias, die gegen die Sparpolitik und Sozialkürzungen mobil macht und damit bei den Europawahlen im vergangenen Mai überraschend acht Prozent erreichte, auf Platz 3 oder gar auf Platz 2. Mit der ursprünglich aus Katalonien stammenden Partei Cuidadanos (Bürger), wird den Umfragen zu Folge eine weitere neue Kraft in Andalusien vertreten sein. Den beiden Großen, die sozialistische PSOE und die konservative Partido Popular (PP) werden starke Verluste vorhergesagt. Das bisherige Zweiparteiensystem steckt in einer tiefen Krise.
Die Chefin der Regierung Andalusien, Susana Díaz, zog die Wahlen vom Herbst auf das kommende Wochenende vor, um zu verhindern dass die neuen Mitstreiter zu stark werden. Der Wahlsieg ist Díaz und ihrer seit mehr als 30 Jahren in der spanischen Südregion regierenden PSOE gewiss. Doch wird die 40-Jährige Politikerin einen Koalitionspartner brauchen. Ganz Spanien schaut gespannt auf Andalusien. Das dortige Ergebnis und die möglichen Koalitionen setzen Trends für die kommenden Monate. Denn Ende Mai werden spanienweit Kommunalwahlen und in 13 Autonomien Regionalwahlen und im Herbst schließlich Parlamentswahlen stattfinden.
Bisher regierte Díaz mit der kommunistischen Vereinigten Linken (IU). Doch diese wird ebenso wie die Sozialisten erheblich Stimmen an Podemos verlieren. Eine Neuauflage der Koalition PSOE-IU wird kaum eine Mehrheit haben. Auch Cuidadanos, deren Stimmen vor allem von enttäuschten PP-Wähler kommen dürften, wird wohl nicht stark genug werden, um den Sozialisten zur Mehrheit verhelfen. Bleiben als Retter die in Madrid regierende PP und Podemos.
Doch von beiden will Díaz nichts wissen, zumindest jetzt im Wahlkampf nicht. Eine große Koalition mit der PP wäre zwar grundsätzlich möglich, doch wäre dies ein Spiel mit dem Feuer. Spaniens Sozialisten wissen nur zu gut, welchen Preis die griechische Schwesterpartei PASOK für ein solches Bündnis zahlen musste. Die Wähler empörten sich und liefen in Scharen zu Syriza über; die Pasok sackte in die Bedeutungslosigkeit ab. Im Fall einer Großen Koalition in Andalusien könnten noch mehr Wähler der PSOE den Rücken kehren und bei den Parlamentswahlen im Herbst in Podemos Zuflucht suchen. Zu unbeliebt sind Spaniens Konservative nach drei Jahren harter Sparpolitik und Korruptionsskandale.
Ein Bündnis mit Podemos wäre die andere Variante. Doch deren Spitzenkandidatin, die 33-jährige Lehrerin und bisherige Europaabgeordnete Teresa Rodríguez, verlangt dafür von der PSOE „einen Schwenk um 180 Grad“. Denn mit „Parteien, die die Austerität verteidigen“, gebe es keine Zusammenarbeit. Rodríguez weiss, eine Annäherung an die PSOE ist unter ihren Wählern nicht sehr populär. Denn Podemos steht für den Neuanfang, für den Kampf gegen die Sparpolitik und gegen die Korruption; die andalusische PSOE hingegen für rote Vetterleswirtschaft.
Díaz erbte den Regierungsvorsitz mitten in der Legislatur von ihrem Vorgänger und Mentor José Antonio Griñan, als dieser sich im Laufe von Ermittlungen über eine breites Korruptionsnetzwerk aus der ersten Reihe der Politik zurückzog. Über 130 Millionen Euro sollen, so die laufenden Ermittlungen, in den vergangenen Jahren in einem breiten Geflecht aus PSOE, Gewerkschaftern und Umfeld verschwunden sein. Die Gelder stammten aus Fonds für Weiterbildung, und aus Abfindungen bei teilweise fingierten Entlassungen.