© 2017 Reiner Wandler

Kampf um Parteiführung

 

Mit der Registrierung der Kandidaten hat gestern (Montag) und heute (Dienstag) der Urwahlprozess für das Amt des Generalsekretärs der spanischen, sozialdemokratischen PSOE begonnen. Drei führende Politiker bewerben sich um den seit Oktober 2016 vakanten Posten. Pedro Sánchez, der vom Parteivorsitz zurücktrat, als der erweiterte Parteivorstand beschloss, per Stimmenthaltung im Parlament eine weitere Amtszeit für den konservativen, spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy zu ermöglichen, steht der andalusischen PSOE-Chefin und Landesmutter Susana Diaz gegenüber. Diese zog damals die Fäden gegen Sánchez und für die Duldung Rajoys. Dritter im Bund ist der ehemalige baskische Regierungschef Patxi López, dem kaum eine Chance eingeräumt wird, die Urwahl zu gewinnen.

Nach vorläufigem Mitgliederstand – die endgültigen Listen der Wahlberechtigten wird in einer Woche vorgelegt – werden knapp 178.000 Sozialisten am 21. Mai an die Urnen gerufen. Der Sieger oder die Siegerin wird dann auf dem Parteikongress Mitte Juni offiziell das Amt übernehmen.

Der 44-jährige Sánchez, der 2014 als erster Generalsekretär mittels Urwahlen ins Amt kam, gibt sich als Kandidat der enttäuschten Basis. Er verspricht eine Partei, die sich klar von Rajoys Partido Popular (PP) abgrenzt. Auf seinen Veranstaltungen überall im Lande ist viel von „Rückgewinnung der linken Identität“ die Rede. Der Professor an der neoliberalen Wirtschaftsfakultät einer Privatuniversität in Madrid gibt sich als kämpferischer Linker. Er kopiert dabei gerne Inhalte und Stil der Protestpartei Podemos.

„Nein heisst Nein“ rufen seine Anhänger immer wieder und erinnern damit an die Haltung von Sánchez, der sich weigerte Rajoy zu dulden. Allerdings war er auch nicht Willens eine alternative Mehrheit zusammen mit der linken Podemos und verschiedenen Regionalparteien aufzubauen. Auch jetzt hält er sich bedeckt, wenn es darum geht, wie die Sozialisten ohne Bündnis mit Podemos und anderen zurück an die Regierung kommen sollen.

Denn die PSOE hat ein Problem, das eng mit Sánchez verbunden ist. Die letzten Wahlen, die die Sozialisten gewannen, liegen neun Jahre zurück. 2008 holte José Luis Rodriguez Zapatero, der Spanien zwei Legislaturperioden lang regierte, 11 Millionen Stimmen. Sánchez erzielte im Dezember 2016 und bei den vorgezogenen Neuwahlen vergangenen Juni nur noch etwas über 5 Millionen.

Die andalusische Partei- und Regierungschefin Susana Díaz wirft Sánchez das schlechte Abschneiden vor. Dass dafür letztendlich Zapatero verantwortlich ist, unter dessen Regie die Sparpolitik 2011 in Spanien begann, darüber verliert sie kein Wort. Stattdessen redet Díaz viel von Verantwortung gegenüber Spanien und verspricht „eine PSOE, wie sie von jeher war“. „100 Prozent Sozialisten“ lautet deshalb auch ihr Motto. Sie genießt die Unterstützung eines großen Teils der Regionalfürsten, des Parteiapparates und der Altvordern der Sozialisten, darunter die beiden ehemaligen Ministerpräsidenten Felipe González und José Luis Rodríguez Zapatero. Podemos ist für Díaz der politische Feind, den es zu bekämpfen gilt. Unter ihr soll die PSOE wieder stärkste Partei werden. Die Umfragen sprechen jedoch eine andere Sprache. Unter den Wählern der Sozialisten und auch bei Podemos ist Díaz weit weniger beliebt als Sánchez. Nur die Anhänger der Konservativen würden Díaz gerne als künftige Kandidatin um das Amt der Ministerpräsidentin sehen – wohl genau wegen ihrer Unbeliebtheit auf der Linken.

Der dritte im Bund tritt – so vermuten viele in Spanien – an, um Sánchez zu schwächen. Der ehemalige baskische Ministerpräsident und Parlamentspräsident in der vergangenen Legislatur Patxi López gehörte zu den engen Vertrauten von Sánchez, bis dieser zum Rücktritt gezwungen wurde. Jetzt steht er für die, die zähneknirschend der Duldung der Konservativen zustimmten und Sánchez in den letzten Monaten den Rücken gekehrt haben. López liegt bei allen Umfragen weit abgeschlagen auf Platzt drei. Doch könnten seine Stimmen letztendlich die sein, die Sánchez fehlen.

Für Sánchez ist es die zweite Urwahl. 2014 setzte er sich überraschend gegen zwei Mitstreiter durch. Damals genoss er die Unterstützung von Díaz. Diese wollte einen schwachen Parteichef, um aus dem Hintergrund die Politik der PSOE bestimmen zu können. Doch Sánchez machte sich selbstständig, suchte die Machtprobe und verlor. Jetzt hofft er auf Revanche. Die Basis hat das Wort./Foto: Junta de Andalucia

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