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Sauberfrau geht

Die Regierungschefin der Region Madrid, Cristina Cifuentes, trat gestern zurück. Die 53-jährige, konservative Politikerin stand seit Wochen im Kreuzfeuer der Kritik, nachdem die online-Zeitung eldiario.es nachweisen konnte, dass sie ihren Master in regionalem Verwaltungsrecht an der Madrider Universität König Juan Carlos unrechtmässig erworben hatte. Die Vorsitzende der Partido Popular (PP) von Spaniens Premier Mariano Rajoy in Madrid, hatte nie am Unterricht dieses Aufbaustudiums teilgenommen, keine einzige Prüfung abgelegt und die Abschlussarbeit war auch nicht aufzufinden.

Cifuentes verzichtete vergangenen Woche auf den Mastertitel und machte die Universität für alle Unregelmässigkeiten verantwortlich. Doch die Hoffnung, den Skandal so aussitzen zu können, zerschlug sich gestern schlagartig. Am frühen Morgen veröffentlichte eine erzkonservative Nachrichtenweb ein Überwachungsvideo, auf dem zu sehen war, wie Cifuentes 2011 in einem Supermarkt beim Klauen von zwei Tuben Anti-Alterscreme erwischt wurde.

„Ich gehe, stolz auf das Geleistete“, erklärte die nur wenige Stunden später. Sie sei das Opfer einer Kampagne gegen ihre Person. Doch angesichts „der realen Möglichkeit, dass die Comunidad de Madrid von der Linken regiert wird“, bliebe ihr keine andere Entscheidung. Sozialisten und Podemos bereitete ein Misstrauensvotum vor.

Cifuentes war angetreten, „die Partei zu regenerieren“. Sie sei anders als ihr, der Korruption angeklagte, Vorgänger, ehrlich und sauber, und vor allem neu in der hohen Politik. Es ist eine Legende, die Cifuentes erfolgreich verkaufte, die aber nicht stimmt. Die Tochter eines Generals trat mit 16 der Parteijungend bei, wurde nach Ende eines Jurastudiums Beraterin bei den Konservativen. 1991 wurde die mittlerweile verheiratete Beamtin ins Madrider Regionalparlament gewählt und übernahm immer mehr Aufgaben in der Verwaltung und in der regionalen PP-Führung. Unter anderem war sie an der Gründung der Universität König Juan Carlos beteiligt.

2012 bis 2015 zeichnete sie als Delegierte der Zentralregierung in Madrid für brutale Polizeieinsätze gegen die Empörtenbewegung verantwortlich. 2015 schließlich wurde sie Regierungschefin der Region. Egal ob als Abgeordnete oder als Regierungschefin, in ihrem Umfeld fiel einer nach dem anderen wegen Korruption den Ermittlern zum Opfer. Cifuentes will nie etwas mitbekommen haben.

Bekannt für ihre extravagante Kleidung, erklärte die schlanke, langhaarige Frau gerne, was ihr Erfolgsrezept ist: „Wenn du eine Sitzung mit Männern hast und auf Blondine machst, erreicht du viel mehr.“ Zum Schluss war das nicht mehr genug. „Cifuentes war Teil der Mafia, die sie jetzt fallen lässt“, bewertet die linksalternative Partei Podemos den Rücktritt.

Einen Regierungswechsel wird es nicht geben. Denn die rechtsliberalen Ciudadanos, die Cifuentes unterstützten, haben bereits angekündigt, erneut jemanden von der PP als Regierungschef in Madrid mitwählen zu wollen. „Sauber“ müsse er oder sie sein. Nicht einfach in einer Partei, in der alleine in den letzten drei Jahren 21 regionale Abgeordnete aus unterschiedlichen Gründen ihren Hut nehmen mussten./Foto: Cifuentes

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