Interview mit Paco Seguro, Chefkoordinator der spanischen Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción, 55 Jahre, Biologe und Fachmann für Mobilität.
Madrid ist neben Paris und Mexico City eine der drei Städte, die ab 2025 frei von Dieselfahrzeugen sein wollen. Was bringt das?
Wenn dies tatsächlich umgesetzt wird, wird sich die Luftqualität entscheidend verbessern. Madrid hat ein schweres Problem was die Verunreinigung der Luft durch Stickoxyde angeht. Und die Stickoxyde stammen hauptsächlich vom Dieselverkehr. Seit 2010 die derzeitige EU-Richtlinien in Kraft sind, verfehlt Madrid Jahr für Jahr das Ziel. Es drohen hohe Bussgelder der EU. Um die Luft zu verbessern und die Gesundheit der Bürger zu schützen, kommen wir um drastische Maßnahmen nicht herum.
Jetzt ist von 2025 die Rede. Ist das nicht ein Schritt zurück? Das Rathaus wollte bisher den Verkehr weitgehend bereits im Jahr 2020 einschränken.
Dieselfrei 2025 ist ein langfristiger Plan. Das heisst nicht, dass die Stadt bis dahin auf andere unumgängliche Maßnahmen, wie die schrittweise Einschränkung des Verkehrs im Stadtzentrum und die Restriktion besonders stark kontaminierender Fahrzeuge verzichten kann. Das eine schließt das andere nicht aus.
Genügt es, den Dieselverkehr aus der Stadt zu verbannen, oder müsste nicht der gesamte Verkehr mit Verbrennungsmotoren aus den Städten verboten werden?
Mittelfristig müssen wir den gesamten Verkehr mit Verbrennungsmotoren aus den Städten verbannen, Diesel und Benziner. Aber am dringlichsten, da sie die Luft am stärksten belasten, sind die Dieselfahrzeuge.
Was geschieht mit den Zulieferern? Die fahren alle Diesellieferwägen und LKWs.
Das geht nicht von heute auf morgen. Den Zulieferern muss eine Frist gesetzt werden, in denen sie Zeit haben, ihre Aktivität auf weniger schädliche Fahrzeuge, zum Beispiel mit Elektromotoren, umzustellen. Ausserdem muss das gesamte System der Be- und Entladung innerhalb der Stadt überdacht werden, um so den Verkehr zu rationalisieren. Um dies bis 2025 zu bewerkstelligen, muss die Stadtverwaltung umgehend anfangen, Pläne zu entwerfen. Der Privatverkehr lässt sich wesentlich einfacher einschränken, wenn dies politisch gewollt ist. Bereits jetzt haben wir in der Innenstadt Madrids ganze Stadtteile, in denen nur noch Anwohner fahren dürfen. Diese Zonen müssen umgehend ausgeweitet werden. Die Menschen, die ein Auto haben, müssen sich bewusst werden, dass die Benutzung des Autos nicht unschädlich ist. Es geht nicht einfach darum, ob ich mir den Sprit leisten kann oder nicht. Fahren hat Auswirkungen auf den Rest der Bevölkerung.
Und was passiert mit den Anwohnern, die ein Dieselfahrzeug haben? Die können doch nicht einfach gezwungen werden dies zu verschrotten?
Das ist relativ. Der Staat kann Steuern auferlegen und andere Maßnahmen durchsetzen, wie zum Beispiel das Rauchverbot in geschlossenen Räumen. Es geht darum Vorteile und Nachteile abzuwägen. Es geht um die Gesundheit der Bevölkerung. In Madrid sterben jährlich mehr als 2.000 Menschen durch die schlechte Luft, die wir hier atmen. Das ist ein schwerwiegendes Problem, das wir in Angriff nehmen müssen. Wenn der Verkehr mit Verbrennungsmotoren verboten werden muss, dann wird er verboten. So einfach ist das. Du kannst ja auch nicht einfach im Park ein Lagerfeuer machen. Diese Politik muss gut erklärt werden.