Solarstrom auf dem eigenen Dach zu produzieren ist billiger als die Energie aus der Steckdose. Nicht so in Spanien. Industrie- und Energieminister José Manuel Soria legte jetzt eine Gesetzentwurf vor, der die Produktion für den Eigenbedarf mit Gebühren belegt. Die Solarbranche spricht von einer „Sonnensteuer“. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace geht noch einen Schritt weiter und beschuldigt Spaniens Konservative des „Gesetzesterrorismus“.
Die Gebühren betreffen all diejenigen, die zusätzlich zur eigenen Solarinstallation ans Netz angeschlossen sind, um die Versorgung an sonnenarmen Tagen oder nachts sicherzustellen. Sie zahlen nicht nur die Anschlussgebühren und das, was sie aus dem Netz konsumieren, sondern zusätzlich für jedes selbstproduzierte Kilowatt, für die „Unterstützung“ durch das System.
Und während in anderen Ländern der aus dem Netz bezogene Strom gegen den von der Solaranlage ins Netz eingespeiste überschüssigen Strom aufgerechnet wird, sieht der spanische Gesetzentwurf keine vergleichbare Regelung vor. Der überschüssige Strom wird vom Netz abgenommen, aber nicht vergütet, es sei denn der Kunde ist als Produzent gemeldet. Doch dann wird es richtig teuer. Denn er bezahlt auch noch eine Steuer für die installierte Gesamtleistung seiner Anlage. Selbst wer Batterien installiert, um seinen eigenen Solarstrom zu speichern wird für den selbsterzeugten und selbstverbrauchten Strom zur Kasse gebeten. Je nach Leistung der Anlage werden sich – so berechnet die größte spanische tageszeitung El País – die Gebühren auf 9 bis 15 Euro pro Kilowatt belaufen.
Besonders hart trifft es die Ärmsten. Wer einen Vertrag für Kleinverbraucher hat – was bei 17 Millionen Haushalten der Fall ist – oder wer gar den Sozialtarif mit einem Nachlass von 25 Prozent erhält, verliert seine Preisvorteile, wenn er eine Solaranlage installiert. Er muss dann wie Großverbraucher den Strom direkt vom Markt beziehen.
Die neue Regelung sei „unklar und komplex“, beschwert sich die Umweltschutzorganisation Greenpeace, und habe nur ein Ziel: „Angst bei denen zu erzeugen, die diese Art von Stromerzeugung planen“. Der Gesetzesentwurf, der seit drei Jahren überfällig ist, wurde zu einem günstigen Zeitpunkt vorgelegt. Am 24. Mai waren in Spanien Regionalwahlen. In vielen sonnenreichen Regionen verloren die Konservativen die Regierung. Die neuen Regionalparlamente treten dieser Tage erstmals zusammen. Koalitionsverhandlungen sind im Gange. Da die Widerspruchsfrist nur zwei Wochen beträgt, werden die neuen Regierungen wohl nicht rechtzeitig im Amt sein.
„Das Ministerium will auf künstliche Art und Weise ein veraltetes Energieerzeugungssystem aufzwängen, das auf fossile Brennstoffe beruht“, beschwert sich der Solarverband UNEF. Selbst der staatliche Ombudsmann zur Verteidigung von Bürgerinteressen schließt sich diesen Protesten an.
Die Haltung der spanischen Regierung kommt nicht von ungefähr. Viele ausgediente spanische Politiker enden, wie etwa die beiden ehemaligen Regierungschef, der konservative José María Aznar und der Sozialist Felipe González, in den Aufsichtsräten der großen Energieversorger. Im Internet wird bereits darüber spekuliert, wo denn Energieminister Soria unterkommen wird, sobald seine Partido Popular im Herbst die Wahlen verlieren wird.