Als „noch Person und noch keine Persönlichkeit“ beschreibt die größte spanische Tageszeitung Barcelonas künftige Bürgermeisterin Ada Colau. Die 41-Jährige aus einem der ärmeren Stadtteile der zweitgrößte spanischen Metropole gewann mit der von ihr ins Leben gerufene Bürgerliste „Barcelona en Común“ – Barcelona gemeinsam – die Stadtratswahlen am Sonntag. Es ist die Krönung der ungewöhnlichen Karriere einer ungewöhnlichen Frau.
Die ehemalige Hausbesetzerin ist das Gesicht der Proteste gegen Zwangsräumungen derer, die im Laufe der Krise ihre Wohnungskredite nicht mehr abbezahlen konnte. Ob Demonstrationen oder Blockaden vor den Wohnungen der Betroffenen gegen Polizei und Justizbehörde, Colau steht seit Jahren in der ersten Reihe. Die Mutter eines kleinen Kindes wurde spanienweit bekannt, als sie bei einer Parlamentsanhörung die Banker als „Kriminelle“ bezeichnete und damit in die Schlagzeilen geriet. Colau und ihre Initiative gegen die Zwangsräumungen (PAH) hatte 1,4 Millionen Unterschriften unter einen Gesetzentwurf gesammelt, der vorsah, dass wer nicht mehr zahlen kann, die Wohnung zurückgibt und die Schulden erlassen bekommt. Die konservative Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy stimmte dieses Vorhaben nieder. Die Schuldner landen weiterhin auf der Straße und müssen dennoch die Restschulden begleichen. Colau beschloss selbst in die Politik zu gehen.
Aufgewachsen in einer Mittelschichtsfamilie, mit der es wirtschaftlich zusehends bergab ging, machte sie ihre ersten politischen Schritte in der Bewegung gegen den Irakkrieg und gegen die Globalisierung. Bei der Hausbesetzerbewegung in der katalanischen Hauptstadt entwickelte sie ihr Interesse für die Problematik der Wohnungsnot. Als „hausbesetzende Nachbarin“ und nicht als die „Besetzerin aus der Nachbarschaft“ verstand sie sich in jenen zwei Jahren in denen sie in einer ausgedienten Polizeikaserne lebte.
Jetzt will die Aktivistin mit einem abgebrochene Philosphiestudium ihr Barcelona von Grund auf ändern. Die Verwaltung soll transparenter, die Schulden der Gemeinde genau untersucht, Privatisierungen, wie die der Wasserversorgung, rückgängig gemacht werden. Es soll sozial gerechter zugehen. Zwangsräumungen will sie verhindern, wo das nur geht, in dem die Stadtverwaltung künftig Druck auf die Banken ausübt. Wer dennoch auf der Straße landet, soll von der Gemeinde eine Wohnung zugeteilt bekommen.
Leicht wird das Regieren nicht. Colaus BComú ist zwar stärkste Partei im Stadtrat, doch weit von einer absoluten Mehrheit entfernt. „Niemand braucht Angst vor uns zu haben. Wir wollen, dass der Hunger und die Korruption zittern“, erklärte sie in der Wahlnacht.