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Schwarz wie die Nacht

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Die konservative Partido Popular (PP) von Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy hat sich mindestens 18 Jahre (1990-2008) mittels einer schwarzen Kassen finanziert. Zu diesem Ergebnis kommt Untersuchungsrichters Pablo Ruz am Obersten Strafgericht in Madrid. Die Kasse sei mit Schmiergelder von Großunternehmern gefüllt worden. Ruz verlangt in seinem Abschlussbericht, die beiden früheren PP-Schatzmeister Luis Bárcenas und Alvaro Lapuerta sowie einen Geschäftsführer der Partei und die Architekten, die für 1,6 Millionen Euro die PP-Zentrale in Madrid umbauten, ohne dafür Mehrwertsteuer abzuführen, vor Gericht zu stellen.

Obwohl der Richter in seinem 190-seitigen Abschlussbericht die illegale Finanzierung als erwiesen ansieht, wird kein führendes PP-Mitglied vor den Kadi müssen. Denn Parteienfinanzierung mit Schwarzgeld aus Spenden war vor 2012 nicht strafbar. Deshalb können nur direkte Verantwortliche wie Kassenwarte oder Geschäftsführer wegen diverser Steuerdelikte belangt werden. Bárcenas un Lapuerta werden zudem beschuldigt, einen teil, der Spenden in die eigenen Tasche gewirtschaftet zu haben.

Ruz verhörte in Rahmen seiner Ermittlungen mehrere wichtige Bauunternehmer. Sie sollen an die PP gespendet haben. Allerdings gebe es keine Beweise dafür, dass sie im Gegenzug Aufträge erhielten, und das obwohl alle Befragten hauptsächlich von Großaufträgen der öffentlichen Hand leben.

Der Richter stützte seine Ermittlungen auf Aussagen und handschriftliche Buchführung von Ex-Kassenwart Bárcenas. Darin ist vermerkt, dass ein Teil des Schwarzgeldes direkt an führende PP-Politiker ging, darunter an Ministerpräsident Mariano Rajoy. Ausser den handschriftlichen Aufzeichnungen gibt es nur wenige Beweismittel. Denn die Festplatten der Dienstcomputer von Bárcenas wurden von der PP-Führung zerstört, bevor der Richter sie anforderte. Das gleiche gilt für die Besucherlisten der Sicherheitskontrolle der PP-Zentrale in Madrid. Dort waren alle Spender vermerkt, da sie die Spenden in bar im Büro von Bárcenas ablieferten. Die Vernichtung der Listen und Festplatten sei aus „Datenschutzgründen“ geschehen, heisst es seitens der PP-Generalsekretärin María Dolores Cospedal, die – so Bárcenas – ihren Wahlkampf in der Region Castilla-La Mancha, wo sie regiert, ebenfalls mit Schwarzgeld finanziert haben soll.

Bereits Anfang des Monats hatte Ruz ein weiteres Ermittlungsverfahren abgeschlossen, das mit dem jetzigen Fall in Verbindung steht. Es geht dabei um das sogenannte „Fall Gürtel“ – benannt nach der Übersetzung des Nachnamens des Hauptbeschuldigten, dem Unternehmer Francisco Correa. Dieser hatte ein breites Netzwerk von Unternehmen aufgebaut, die für konservativen Gemeinde- und Regionalverwaltungen arbeiteten. Die Unternehmen erhielten Aufträge – wie zum Beispiel die Organisation des Besuches von Papst Benedikt XVI 2006 in Valencia – und kassierten dafür überhöhte Tarife. Einen Teil der Gelder ging dann an die PP. Es geht um insgesamt 450 Millionen Euro. Unter den 40 Beschuldigte befinden sich einmal mehr Bárcenas und Lapuerta, sowie mehrere Bürgermeister und Regionalpolitiker der PP. Weitere Richter ermitteln gegen die PP auf regionaler Ebene, so in Madrid, Valencia und auf den Balearen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Parteispitze der spanischen Konservativen trotz erwiesener illegaler Finanzierung ungeschoren davon kommen. 1990 wurde ein ähnliches Verfahren vom Obersten Gerichtshof eingestellt. Die Ermittler hätten Verfahrensfehler begangen, lautete die Begründung. Damals stand der spätere Ministerpräsident José María Aznar der PP vor.

Der Fall Gürtel brachte dem spanischen Starermittler Baltasar Garzón ein Berufsverbot ein. Er hatte Anwälte und Untersuchungshäftlinge abhören lassen, als diese die Besucherstunden nutzen, um abzusprechen, wie die Konten mit Korruptionsgeldern verschoben werden sollten, bevor sie den Ermittler in die Hände fallen. Das Oberste Gericht sah darin ein schweres Vergehen seitens Garzóns und suspendierte Garzón 2012 für elf Jahre vom Dienst.

Was bisher geschah: