© 2014 Reiner Wandler

Katalonien und Schottland

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Ganz Spanien schaute gespannt nach Schottland. Denn ein Sieg des „Ja“ zur Unabhängigkeit von Großbritanien wäre ein zusätzlicher Ansporn für die Separatisten im nord-ost-spanischen Katalonien gewesen. Als das Ergebnis aus Edinburgh kam, war der spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy dann auch sichtlich erleichtert. Der Konservative lies eine Videobotschaft verbreiten, in der er die Menschen im Norden Großbritanniens beglückwünschte. Die Schotten hätten mit der Abstimmung „schwere soziale, institutionelle, wirtschaftliche und politische Konsequenzen abgewandt, die die Trennung verursacht hätten“. Auch der Chef der spanischen Sozialisten, Pedro Sánchez, sprach von einer „guten Nachricht“. Die Institutionen in Großbritannien seien gestärkt aus dem Urnengang hervorgegangen.

Doch die Freude hielt nur kurz an. Denn in Katalonien gingen am Freitag die Vorbereitungen für ein eigenes Referendum am 9. November weiter. „Wenn jemand geglaubt hat, dass ein Nein in Schattland einen Schatten auf den katalanischen Prozess wierfen könnte, dem werden die Augen aufgehen“, erklärte der katalanische Autonomiepräsident Artur Mas am frühen Nachmittag. „Abstimmen eint und spaltet nicht“, fügte Mas hinzu. Wenige Stunden später trat das Parlament in Barcelona trat zusammen, um ein entsprechendes Volksbefragungsgesetz zu verabschieden. Mas bekam 106 der anwesenden 134 Abgeordneten hinter sich. Per Dekret will er mit diesem Gesetz in der Hand den Wahlgang auf den 9. November festsetzen. Doch Madrid hat bereits angekündigt, dies richterlich stoppen lassen zu wollen. Noch an diesem Wochenende soll eine Sondersitzung des Regierungskabinetts eine Verfassungsbeschwerde einreichen. Diese hat bis zum Urteil eine aufschiebende Wirkung von bis zu fünf Monaten.

Wie Mas darauf reagieren wird, ist bisher offen. Der gemässigte Nationalist versprach immer wieder, nur dann abstimmen zu lassen, wenn „dies geregelt stattfindet“. Von einer gegen den Willen der obersten Verfassungshüter durchgeführten, selbstorganisierten Volksabstimmung, wie dies Linksnationalisten und die Katalanische Nationalversammlung (ANC) – eine breite Bewegung, die am 11. September 1,8 Millionen Menschen für die Unabhängigkeit mobilisiert hatte – verlangt, will er nichts wissen. Allerdings könnte Mas vorgezogene Neuwahlen einberufen. Alle Parteien, die den Wunsch nach Unabhängigkeit teilen, könnte – so die Idee – dann mit einem einzigen Programmpunkt – dem der Loslösung von Spanien – antreten. Aus den Wahlen würde so eine Art Plebiszit.

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