Zwischen Spanien und Venezuela bahnt sich ein diplomatischer Konflikt an. Der Grund: Richter Eloy Velasco am obersten spanischen Strafgerichtshof sieht deutliche Anzeichen für „eine Zusammenarbeit der venezolanischen Regierung“ mit der baskischen Separatistenorganisation ETA und der kolumbianischen Guerilla Farc. So steht es in einem internationalen Haftbefehl, den Velasco gegen sechs mutmaßliche ETA- und sieben mutmaßliche Farc-Mitglieder erlassen hat.
Dreh und Angelpunkt der Kontakte soll das in Caracas lebende ETA-Mitglied José Aturo Cubillas Fontán sein. Dieser wurde 1989 auf Druck Madrids nach gescheiterten Verhandlungen zwischen der spanischen Regierung und der ETA von Algerien nach Venezuela ausgewiesen. Im Jahr 2005 und 2006 gehörte er als Abteilungsleiter im Landwirtschaftsministerium der venezolanischen Regierung an. Fontán soll unter Mitwissen der Regierung Chávez die ETA in Lateinamerika vertreten und gemeinsame Ausbildungslager für die baskischen Separatisten und die Farc in Kolumbien und Venezuela organisiert haben.
Spaniens Außenminister Miguel Ángel Moratinos rief am Montag Chávez an, um von ihm eine Stellungnahme einzufordern. Diese ließ nicht lange auf sich warten. Der venezolanische Präsident wies die Vorwürfe zurück. Der Richter sei „tendenziös“ und der Haftbefehl sei „ein trauriger Rest der alten kolonialen Ketten, die so mancher uns gerne wieder um den Hals legen würde“, erklärte Chávez gegenüber der Presse. Hinter all dem stecke „das Yankee-Imperium“.
Nach den Erkenntnissen von Richter Velasco besuchten im Jahr 2003 ETA-Mitglieder Farc-Ausbildungslager in Kolumbien, nahe der Grenze zu Venezuela. Außerdem unterrichteten zwei Etarras mehrere Gruppen von Farc-Rebellen auf einem Landgut im Staat Apure im Westen Venezuelas im Umgang mit Plastiksprengstoff sowie der Verwendung von Mobiltelefonen als Zünder. Die Etarras seien von einem Soldaten mit dem Emblem des venezolanischen Militärgeheimdienstes begleitet worden.
Außerdem soll die Farc die Regierung von Hugo Chávez um logistische Hilfe gebeten haben, um einen Anschlag auf den kolumbianischen Präsidenten Álvaro Uribe in Spanien vorzubereiten. Die ETA habe im Gegenzug mehrere ranghohe kolumbianische Politiker für die Farc ausspionieren sollen.
Richter Velasco stützt seine Ermittlungen auf Unterlagen, die in Frankreich und Spanien bei Festnahmen von ranghohen Etarras sicher gestellt wurden. Außerdem wertete er Dokumente aus, die die kolumbianische Armee auf dem Notebook der 2008 getöteten Nummer 3 der Farc, Raúl Reyes, fand. Der Richter belebe „diese abgenutzte Masche wieder, die längst zur politischen Folklore Kolumbiens gehört“, schimpfte dagegen Chávez.