© 2012 Reiner Wandler

Wer kann das bezahlen, wer hat so viel Geld?

Spanien erwacht aus dem Schock. Nachdemam Samstag ein Rettungsgesuch an Brüssel erging, werden jetztkritische Stimmen laut.
Oppositionschef Alfredo PérezRubalcaba bringt auf den Punkt, was viele Spanier denken: „DieRegierung will uns glauben machen, dass wir in der Lotterie gewonnenhaben, oder der Weihnachtsmann gekommen ist. Dem ist nicht so“,bewertet der Vorsitzende der sozialistischen PSOE das RettungspaketEuropas für den spanischen Finanzsektor. Er reagiert damit auf einePressekonferenz des konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoyam Sonntag, in der er das Wort „Rettungsschirm“ oder gar“Intervention“ vermied. Stattdessen redet er von „einerKreditlinie“, von „günstigen Bedingungen“ und von“zurückgewonnener Glaubwürdigkeit“. Er versprach, dass esnur Auflagen für die Banken und nicht für das land als solche gebenwerde. „Das Problem ist gelöst“ beendete Rajoy seinenersten öffentlichen Auftritt seit dem Ausbruch der Bankenkrise voreinem Monat, stieg in den Flieger und verschwand zum Eröffnungsspielder spanischen Nationalmannschaft bei der EM. Zurück ließ er einLand, das sich fragt, was die Zukunft bringen wird.
Die Antwort ließ nicht auf sichwarten. „Es gibt keine Kredite ohne Bedingungen“, bestätigtder spanische Vizepräsident der EU-Kommission, Joaquín Almunia, wasin Spanien alle fürchten. Der deutsche Wirtschaftsminister WolfgangSchäuble wurde noch deutlicher: „Es wird genau so eine Troikageben. Es wird genau so überprüft werden, dass das Programmeingehalten wird“, widerspricht er den Behauptungen derspanischen Regierung, der Rettungsschirm sei mit dem vonGriechenland, Portugal oder Irland nicht zu vergleichen, denn eswerde nur Auflagen für den Finanzsektor geben. Deshalb beträfe dieRettung die Bevölkerung nicht.
Auch wenn die genaue Rettungssumme, derZinssatz und die Bedingungen dafür erst in den den nächsten Tagenausgehandelt werden, scheint eines klar: Die Troika wird darüberwachen, dass Spanien mit dem Sparziel, das Defizit von derzeit 8,9Prozent bis 2014 auf drei Prozent zu senken, einhält. Wenn Madridnicht will, dass die Geldströme an den nationalen BankenrettungsfondFROB abreißen, können die Mahnungen, die Mehrwertsteuer zu erhöhenoder das Rentenalter sofort heraufzusetzen, nicht länger ignoriertwerden. Spanien wird bereits seit zwei Jahren von der EU mitArgusaugen beobachtet. Insgesamt musste die Bevölkerung Kürzungenvon rund 50 Milliarden Euro über sich ergehen lassen. Das Land gerätimmer tiefer in die Rezession, die Arbeitslosigkeit liegt bei knappunter 25 Prozent.
Die Gewerkschaften befürchten, dasssich diese Politik jetzt noch verschlimmern wird. Die Presse rechnetebenso. Zwar werden die Hilfsgelder ersteinmal nur dieStaatsverschuldung hochtreiben – von derzeit um die 80 auf bis zu90 Prozent des BIPs – doch die dafür fällig Zinsen schlagen aufdas Haushaltsdefizit. Das Gleiche gilt dann, wenn eine angeschlageneBanken ihre Schulden nicht an den FROB zurückbezahlen kann, oder derStaat sanierte Finanzinstitute mit Verlust verkaufen muss. „Siehaben die Schulden der Banken zu den Schulden der Bürger gemacht“,resümiert der Vorsitzende der drittstärksten Kraft im spanischenParlament, der Vereinigten Linken (IU), Cayo Lara.
Auch die Börsen und Finanzmärkte haben ihre Zweifel. Nach einem possitiven Start verlor der IBEX in Madrid ein halbes Prozent und die zehnjährigen, spanischen Staatsanleihen wurden mit 6,5 Prozent gehandelt. Das ist nur 0,2 Punkte weniger als der historisch Höchststand vergangene Woche.

Was bisher geschah: