© 2012 Reiner Wandler

BBB+ Note eines angekündigten Todes

Die Note für Spaniens konservative Regierung unter Ministerpräsident Mariano Rajoy fällt nicht gut aus. Keine fünf Monate nachdem Rajoy an die Macht kam, stuft die us-amerikanische Ratingagentur Standard & Poor’s die zehnjährige Staatsanleihen des Landes auf der Iberischern Halbinsel von A auf BBB+ ab, mit negativem Ausblick. Das Gutachten, das Spanien nur noch drei Schritte vom Ramschstatus entfernt sieht, wurde am späten Donnerstag Abend veröffentlicht. S&P wartete damit, bis die Börse in New York geschlossen hatte.

Die Zinsen für Spaniens langfristige Staatsanleihen stiegen am Freitag auf 5,97 Prozent. Überall in Europa verzeichneten die Börsen schwere Verluste. Erst im Februar hatte eine weitere große Ratingagentur – Moody’s – Spanien um zwei Noten zurückgestuft.

S&P sieht „deutliche Risiken für das wirtschaftliche Wachstum und die Umsetzung des Haushaltes“. Spanien will mit einem Sparhaushalt, der 27 Milliarden Euro niedriger ausfällt als der vom Vorjahr, das Defizit von derzeit 8,5 Prozent auf 5,3 bis Ende des Jahres und drei Prozent 2013 senken. „Wir glauben, dass im Umfeld der wirtschaftlichen Rezession, die Haushaltslage sich gegenüber unseren Vorhersagen vom Januar 2012 verschlechtern wird“, heißt es weiter.

Erst Anfang der Woche hatte die Spanische Zentralbank erklärt, dass das Land zum zweiten Mal in nur zwei Jahren in negatives Wachstum abrutscht. Die Rezession wird -1,7 Prozent betragen, ist sich auch die Regierung Rajoy sicher.

Außerdem warnt sowohl S&P als auch der Internationale Währungsfond davor, dass die spanischen Sparkassen und Banken weitere Millionenhilfen seitens der öffentlichen Hand benötigen wird. Die Geldinstitute kommen immer stärker durch Zahlungsverzug seitens der Kreditnehmer unter Druck. 8,16 Prozent der Kredite werden nicht mehr rechtzeitig oder gar nicht bedient.

Die steigenden Zinsen für Staatsanleihen tun ein Übriges. Die Staatsverschuldung werde, so die Prognose von S&P, von derzeit 64,6 Prozent bis zum Jahresende auf 76,6 Prozent des BIP steigen. Die Ratingagentur schließt nicht aus, dass es noch schlimmer kommen könnte. Selbst eine Verschuldung von über 80 Prozent sei möglich. Dies würde dann zu einer weiteren Abstufung führen, drohen die us-amerikanischen Wächter über Kreditwürdigkeit offen.

Noch am Donnerstag Abend kritisierte eine Sprecherin des spanischen Wirtschaftsministeriums die Entscheidung von S&P. Die Ratingagentur habe die Reformen der konservativen Regierung nicht berücksichtigt, erklärte sie gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters: „Sie werden einen großen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage in Spanien haben“, versichtere sie. Nur wenige Stunden später wurden die neuen Arbeitslosenzahlen veröffentlicht. 5,6 Millionen – jeder vierte Spanier – ist demnach ohne Job.

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Meine Meinung

Gegen die Wand

Die Nachricht kam nicht überraschend. Standard&Poor’s stuft Spanien ab. Griechenland, Irland und Portugal, jetzt ist der nächste an die Reihe. Die Agenturen zocken bis zum bitteren Ende des Euro: Sie bemängeln das Defizit und stufen ab, die Länder sparen, das Wachstum geht zurück, sie stufen erneut ab, die Länder zahlen höhere Zinsen, müssen noch mehr sparen, das Wachstum geht noch weiter zurück …
Dabei können sie ausgerechnet auf die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel setzen. Sie hält stur an einer Politik der strikten Haushaltsdisziplin fest, obwohl diese ganz offensichtlich nicht zum Erfolg führt. Alleine die zaghafte Ankündigung des französischen, sozialistischen Präsidentschaftskandidaten François Hollande, im Falle eines Wahlsieges den Fiskalpakt neu verhandeln, ja in Wachstum investieren zu wollen, bringt die eiserne Lady aus dem Osten in Rage. Die neoliberale Wirtschaftspresse springt ihr bei und verdammt Hollande als „Gefahr für Europa“. Verkehrte Welt möchte man meinen. Ist es nicht vielmehr die Politik Merkels, die die EU in den Abgrund führt?
Spanien ist nicht irgendein EU-Land in den Teufelskreis der Ratingagenturen geraten. Die Südeuropäer stellten vor der Krise knapp 12 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung. Einen so großen Rettungsschirm kann selbst Merkel nicht aufspannen lassen.
Doch die Bundeskanzlerin will das nicht sehen. Ob es Starrsinn ist, ob ihr die europäische Vision fehlt, wie sie ihr Ziehvater Helmut Kohl und dessen französischer Verbündete, der Sozialist François Mitterand hatte, oder ob sie einfach die deutschen Banken schützen will, die an der Blase in Südeuropa kräftig mitspekuliert und auf Pump den deutschen Export angekurbelt haben, sei dahingestellt.
Doch eines ist klar: „Wenn Spanien gerettet werden muss, ist dies das Ende des Euro und ganz Europa muss gerettet werden“, warnt Spaniens Ex-Premier Felipe González – ebenfalls „gefährlicher Sozialist“ und enger Freund Kohls.

Was bisher geschah: