© 2009 Reiner Wandler

Spanischer Sumpf

Spaniens Starermittler Baltasar Garzón schlägt wieder zu. Ganz im Stile des FBI erhielt seine neueste Operation einen Decknamen. Dieses mal auf Deutsch: „Gürtel“. Das ist die Übersetzung des Nachnamens des Hauptverdächtigen Francisco Correa. Der Unternehmer, der 20 Jahre lang für die konservativen Volkspartei (PP) Wahlkampfmeetings und andere Großveranstaltungen organisierte, soll dabei öffentliche Gelder, Grundstücke und sonstige Gefälligkeiten in die eigene Tasche und die anderer Parteimitglieder gewirtschaftet haben. Insgesamt wird gegen 37 PPler ermittelt. Correa und zwei seiner Komplizen sitzen mittlerweile in U-Haft. Als wäre dies nicht genug, macht die PP in der Hauptstadtregion Comunidad de Madrid mit einem Spitzelskandal Schlagzeilen. Dort, so deckte die Tageszeitung El País auf, sollen ehemalige Polizeibeamten Informationen über Parteifunktionäre und hohe Amtsinhaber gesammelt haben. Knapp drei Wochen vor den wichtigen Regionalwahlen in Galicien und dem Baskenland droht die Volkspartei von Oppositionsführer Mariano Rajoy im Sumpf aus Korruption rund um den Bauboom des letzten Jahrzehnts zu versinken.

„Jedermanns Freund“, nennt El País Francisco Correa. Bis 2003, dem Ende der Ära von José María Aznar, organisierte sein Unternehmen Special Events die großen Wahlshows der PP. Correa ging in der Parteizentrale in Madrid ein und aus. Als enger Freund von Aznars Schwiegersohn Alejandro Agag nahm er als Trauzeuge an dessen Hochzeit mit Aznars Tochter Ana teil. Die zweite Unterschrift unter die Heiratsurkunde tätigte kein Geringerer als Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi.

Correa wusste seine Kontakte zu nutzen. Sie öffneten ihm Tür und Tor in Regionen, Städten und Dörfern, die von den Konservativen regiert werden. Laut den Ermittlungen zog er mit seinen oft nur auf dem Papier existierende Unternehmen millionenschwere Aufträge an Land. So zum Beispiel in Majadahonda bei Madrid. Dort dekorierte ein Unternehmen Correas „die Räume des Stadtverordneten für Familienpolitik“, „errichte einen Messestand“ und lieferte „Schallplatten für Informationsstände“. Die bezahlten Summen übertrafen, so die Ermittlungen, bei weitem die normalen Preise.

Außerdem vermittelte Correa in den letzten zehn Jahren des Immobilienbooms immer wieder Kontakte zwischen Bauunternehmern und PP-Bürgermeistern. Diese wurden geschmiert, Correa üppig bezahlt und die Bauunternehmer erhielten einen guten Preis für öffentliches Bauland. Alle waren zufrieden. Je länger Correa im Geschäft war, um so mehr Macht hatte er. „Wenn ich die Tonbandaufnahmen veröffentliche, die ich habe, ist es aus für ihn“, erklärte er gegenüber einem Freund, warum ihm ein Bürgermeister alle Wünsche erfüllte.

Auch andere in der PP versuchten in den vergangenen Jahren ihr Wissen um schmutzige Geschäfte einzusetzen. So deckte die El País auf, dass ehemalige Polizeibeamte in der PP-regierten Comunidad de Madrid ausführliche Dossiers über hohe PP-Funktionäre und Amtsinhaber anlegten. Wer hinter diesen Spitzeloperationen steckte, ist bisher noch nicht geklärt. Doch alles deutet darauf hin, dass Landesmutter und regionale PP-Chefin Esperanza Aguirre belastendes Material gegen ihre politischen Gegner sammeln wollte. Diese leugnet den Vorwurf. Jetzt untersucht ein Ausschuss des Regionalparlaments den Skandal.

PP-Chef Rajoy, der innerhalb der Partei sehr umstritten ist, tritt derweilen die Flucht nach vorn an. Mehrere Bürgermeister wurden aus der Partei geworfen. In einer Rede bezichtigte er seinen politischen Gegner, den sozialistischen, spanischen Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero, die PP ausschalten zu wollen. „Es handelt sich nicht um ein Komplott der PP, sondern um ein Komplott gegen die PP“, wettert er. Als Beweis dient Rajoy ein alles andere als opportunes Zusammentreffen von Zapateros Justizminister Mariano Fernández Bermejo und Starrichter Garzón. Beide gingen just vor Bekanntgabe der Ermittlungen zusammen auf die Jagd.

Was bisher geschah: