© 2014 Reiner Wandler

Verfassungsgericht vs. Katalonien

anc

Das spanische Verfassungsgericht hat die Souveränitätserklärung des katalanischen Parlaments für ungültig erklärt. Der Text vom Januar 2013 ernennt das katalanische Volk zum „politischen Subjekt und rechtlichen Souverän“ über seine Zukunft. Die Katalanen hätten das Recht frei und selbst zu entscheiden, ob sie bei Spanien bleiben oder eigene Wege gehen.

Die 12 obersten Wächter der spanischen Verfassung sehen dies in ihrem Urteil anders. Die spanische Grundgesetz erkenne nur das gesamte spanische Volk als Souverän an. Ein Volksentscheid einer einzelnen Region über die Loslösung vom Gesamtstaat sei deshalb nicht zulässig.

Allerdings erklären die Richter, dass „in der Verfassung alle Ideen Platz haben“. Es bestehe „kein Kern, der nicht reformiert werden kann“. Damit lassen die obersten Richter den Weg für eine Verfassungsreform offen, die separatistische Volksabstimmungen ermöglicht. Die Richter mahnen zum politischen Dialog.

Dazu wird es allerdings vorerst nicht kommen. Sowohl die mit absoluter Mehrheit regierende, konservative Partido Popular (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy, als auch die größte Oppostionskraft, die sozialistsche PSOE, wollen von einer Reform der Verfassung nichts wissen. Sie wollen weiterhin am Artikel 2 festhalten, nachdem Spanien unteilbar ist. Die für den 9. November von der katalanischen Regierung angesetzte Volksabstimmung kann damit im derzeitigen rechtlichen Rahmen nicht durchgeführt werden.

„Für jedes Hindrniss auf dem Weg, werden wir eine Lösung finden. Der politische Prozess Kataloniens geht weiter“, erklärte der katalanische Ministerpräsident Artur Mas nach Bekanntgabe des Urteils. Wie es tatsächlich weitergehen könnte, liegt längst nicht mehr nur in seinen Händen. Denn der Prozess hin zur Unabhängigkeit wird von der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) angeführt. Der Bewegung, die die Massenproteste am Nationalfeiertag am 11. September 2012 und die Menschenkette im Jahr darauf organisierte, berät derzeit über einen Fahrplan hin zu einem unabhängigen Katalonien. Die Organisation, der 22.000 Menschen angehören und die weitere 17.000 aktive Sympathisanten zählt, wird ihre Pläne am kommenden 5. April vorstellen.

Vier mögliche Szenarien sind im Gespräch: Die wohl so nicht mögliche, von Madrid genehmigte Volksabstimmung, ein Referendum, ohne den Segen Madrids, oder sollte auch das nicht möglich sein, vorgezogene Neuwahlen, bei der die Parteien, die für die Loslösung von Spanien eintreten mit diesem gemeinsamen Punkt antreten und sollten sie gewinnen, die Unabhängigkeit erklären.

Im Falle, dass Madrid vom verfassungsmäßig verbrieften Recht Gebrauch macht und die katalanische Autonomie aussetzt sowie die dortige Regierung auflöst, will die ANC eine provisorische Regierung und einen Rat gewählter Autonomieparlamentarier und Kommunalvertretern ins Leben rufen. Diese Institution soll sich dann einseitig von Madrid lossagen. Nur eines sei unumstösslich, so die ANC, das Datum für die Unabhängigkeit. Die katalanische Republik soll demnach am Tag des katalanischen Schutzpatrons, dem 23. April im Jahre 2015 das Licht der Welt erblicken./Foto: assemblea.cat

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