Die Zukunft der Erneuerbaren Energien in Spanien bleibt weiterhin ungewiss. Die konservative Regierung, die zu Jahresbeginn bis auf weiteres alle Einspeisevergütungen für Neuinstallationen ausgesetzt hat, beauftragte die Aufsichtsbehörde, die Nationale Energiekommission (CNE) mit einer Studie über den Zustand des Strommarktes und mögliche Reformen. Der Bericht liegt jetzt vor. Überzeugen will er keinen.
Alles dreht sich ums Geld. Seit Jahren liegt der Strompreis unter den tatsächlichen Erzeugungskosten für elektrische Energie. Mehr als 22 Milliarden Euro Defizit haben sich so angehäuft. Der Staat bürgt für den Betrag. Die Energieversorger können die Summe so als Gewinn in ihre Bilanzen einrechnen. Doch die Lawine wird immer größer. Ohne Reform werden 2012 mindestens weitere 5 Milliarden an Tarifdefizit auflaufen.
Die CNE sucht nach Lösungen an allen Fronten, auch bei der Finanzierung der Erneuerbaren. Neben einem grünen Cent, der Benzin und Diesel zu Gunsten des Ausbaus der Erneuerbaren Energien bei der Stromversorgung besteuern soll, und der Verrechnung der Einnahmen aus den CO2-Handel zugunsten der neuen Energieformen, soll die Energie aus Wind und Sonne billiger werden.
Wie das gehen könnte, rechnet die CNE in vier Szenarien durch. Diese gehen von der Aussetzung der Förderung auf unbestimmte Zeit, über ein Moratorium bis 2017, um dann bis 2020 die mit Europa eingegangenen Verpflichtungen aus dem Nationalen Aktionsplan zu erfüllen, bis hin zu einer Anpassung der Ausbauziele an die durch die Krise gesunkene Nachfrage oder einer ausschließlichen Förderung der billigsten Technologie, soll heißen der Windenergie. Diese brauche ab 2017 kaum noch Investitionsanreize, da die Technologie bis dann wettbewerbsfähig sei.
Eines ist allen vier Szenarien gemein. Die CNE will statt der bisherigen per Gesetz festgeschriebenen Einspeisevergütung künftig die Neuinstallationen versteigern. Das heißt, wer den niedrigsten Tarif zusagt, bekommt die Lizenz. „Die Weltbank geht davon aus, das die Versteigerungen ‚bewiesen haben, dass sie eine mögliche Alternative zu den Einspeisetarifen sind'“, heißt es in der Studie.
Beim Windverband (AEE) stoßen die Pläne auf wenig Begeisterung. AEE sieht in der weiteren Aussetzung der Einspeisetarife für Neuinstallationen eine ernste Gefahr für den Sektor. „Wenn das Moratorium mindestens bis 2017 verlängert wird, ist dies das Ende der Windbranche in Spanien“, heißt es in einer Erklärung zur CNE-Studie. „Wenn die Regierung dann die Windenergie wieder reaktivieren will, wird nichts anderes übrig bleiben, als die Generatoren aus dem Ausland zu importieren, denn Spanien hat dann keine eigenen Industrie mehr und Tausende Arbeitsplätze werden vernichtet. Das lässt sich nicht rückgängig machen“, warnt die AEE.
Und auch die Idee, Kapazitäten künftig zu versteigern, will nicht so recht überzeugen. „In den Ländern, in denen dieses System eingesetzt wird, wurde deutlich weniger Leistung installiert, als ursprünglich vergeben wurde“, gibt der spanische Windverband AEE zu bedenken. Meist wird nur rund die Hälfte der vorgesehenen Kapazität installiert, da sich die Bewerber gegenseitig unter die Rentabilitätsgrenze geboten haben.
Auch die Unternehmer in der Photovoltaikbranche kritisieren die Studie. Der Solarverband (ASIF) setzt auf eine Regelung des Eigenkonsums, um weiter installieren zu können. Doch davon ist im CNE Papier nur am Rande die Rede. Ein Zeitrahmen wird nicht abgesteckt. Wenn ein solches Gesetz nicht bis spätestens im Sommer stehe, werde sich die Photovoltaikbranche wohl kaum mehr aus der Krise erholen, warnt der Verband.
„Danach sieht es nicht aus“, ist sich ein Sprecher des Verbandes der Produzenten Erneuerbarer Energie (APPA) sicher. Er glaubt, dass die Regierung, die sich über ihre konkreten Pläne weiterhin ausschweigt, zuerst den gesamten Strommarkt reformieren wird, bevor sie die Zukinft der Erneuerbaren reguliert.
Bei der nächsten Revision der Stromtarife für den Endverbraucher Anfang April steht wohl eine größere Preiserhöhung an. Denn der Oberste Gerichtshof Spaniens hat – auf Betreiben der großen Energieversorger Iberdola und Endesa – ein Urteil gefällt, dass die Grundgebühr, in die von Einspeisetarifen der Erneuerbaren, über Kohlesubvention, die Kosten der Netzbetrieb, bis hin zu Subventionen für sozial schwache Verbraucher allerlei Posten einfließen, nicht weiterhin künstlich niedrig gehalten werden darf. Der Regierung läuft die Zeit davon. /Zuerst veröffentlicht: Neue Energie 4/12