Die Märkte haben sich auf Spanien eingeschossen. Zwar konnte das Land auf der iberischen Halbinsel gestern 3,05 Milliarde Euro aufnehmen, doch wurden dafür höhere Zinsen fällig als bei der vorangegangenen Versteigerung. Der Zinssatz für Anleihen mit einer Laufzeit von drei Monaten stieg um ein Zehntels auf 2,434 Prozent. Für sechs Monate wurden 3,69 Prozent fällig, und damit vier Zehntel mehr. Das ist seit vergangenen November der höchste Zinssatz. Einzig gute Nachricht: Die Nachfrage lag fast drei Mal so hoch wie die ausgegebene Summe. Im Juni lag die Nachfrage nur zwei Mal über dem Wert der Anleihen.
Doch das kann über den zunehmenden Vertrauensverlust unter dem Spanien leidet nicht hinwegtäuschen. Der Risikozuschlag für zehnjährige Staatsanleihen stieg gestern einmal mehr auf über 630 Punkte. Die Anleihen werden somit auf dem Markt mit über 7,5 Prozent Zinsen gehandelt. Das ist nicht einmal mehr kurzfristig tragbar.
Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos, der gestern zu einem Blitzbesuch beim deutschen Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nach Berlin reiste, schließt ein Rettungsgesuch Spaniens als Ganzes dennoch vehement aus. Er hofft weiterhin auf eine Beruhigung der Märkte nach der Vereinbarung eines Rettungspaketes für Spaniens angeschlagenen Finanzsektor über 100 Milliarden Euro. Um dies von Brüssel zu bekommen, muss die konservative Regierung in Madrid in den kommenden beiden Jahren weitere 65 Milliarden einsparen. Massenproteste vergangene Wochezeigen, dass der soziale Preis dafür hoch sein wird.
De Guindos hofft jetzt auf das Sommerloch. Denn im August sollen keine langfristigen Staatsanleihen versteigert werden. Doch spätestens Ende September, Anfang Oktober hat Spanien einen Finanzbedarf von 27 Milliarden Euro, um die Schulden zu finanzieren. Sinkt der Risikozuschlag nicht drastisch, wird dies das Aus für Spanien sein.
Schuld am Anstieg des Risikozuschlages von rund 570 vergangenen Donnerstag, unmittelbar vor der Zusage der Bankenrettung durch Brüssel auf jetzt über 630 Punkte ist die Entwicklung in Spaniens autonomen Regionen – vergleichbar mit deutschen Bundesländern. Zwei von ihnen vermeldeten am Wochenende Zahlungsunfähigkeit. Valencia braucht aus dem Rettungsfond, den die Zentralregierung in Madrid eingerichtet hat, 3,5 Milliarden Euro und Murcia 300 Millionen. Gestern kam dann mit Katalonien eine der wirtschaftsstärksten Regionen hinzu. Die nordostspanische Autonomie rund um Barcelona steht mit 42 Milliarden Euro in der Kreide. Alleine dieses Jahr braucht die Region knapp sechs Milliarden, um die Schulden zu finanzieren. Ein Teil davon muss wohl aus dem Rettungsfond kommen.
Insgesamt stehen 18 Milliarden für die Rettung in Not geratener Regionen bereit. Der Topf könnte schnell zu klein werden, falls sich die Befürchtung der Presse in Spanien, die sich auf Quellen aus dem Finanzministerium beruft, eintreten sollten. Demnach planen mindestens weitere fünf Regionen, unter den spanieneigenen Rettungsschirm zu schlupfen. Unter ihnen soll sich mit dem südspanischen Andalusien eine der bevölkerungsstärksten Autonomien befinden. Über 20 Prozent der spanischen Staatsschulden wurde auf regionaler Ebene gemacht. Die Autonomien müssen das Jahr mit 1,5 Prozent Defizit abschließen. Schon jetzt ist absehbar, dass dies nicht überall gelingen wird.
Der Blick der spanischen Presse geht Richtung Ratingagenturen. Sie könnten Spanien nach der Rettung von Valencia und Murcia erneut ins Visier nehmen. Das Land ist bereits jetzt nur noch zwei Stufen vom Ramschstatus entfernt.