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Und er darf doch

Der ehemalige katalanische Regierungschef Carles Puigdemont sowie zwei seiner Minister, Antoni Comín und Clara Ponsatí, dürfen zu den Europawahlen kandidieren. „Nach Ansicht dieses Gerichts, liegt kein Grund vor, der sie unwählbar machen würde“, urteilt das Oberste Gerichtshof Spanien nach einer Sondersitzung am Sonntag. Gestern bestätigte das Verwaltungsgericht in Madrid dies und gab damit der Beschwerde der drei Politiker endgültig statt.

Das Verfahren war notwendig geworden, nach dem die spanische Wahlbehörde (JEC) den Politikern untersagte sich auf der Liste von „Lliures per Europa“ (Frei für Europa) um einen der 54 spanischen Sitze im Straßburger Parlament zu bewerben. Die Staatsanwaltschaft hatte sich im Vorfeld des Beschwerdeverfahrens gegen den Beschluss der Wahlbehörde ausgesprochen. Dieser „verstößt gegen das Grundrecht des passiven Wahlrechts“.

Puigdemont und Comín halten sich seit November 2017 in Belgien auf, Ponsatí in Schottland. Zu Hause werden sie von der spanischen Justiz in Zusammenhang mit dem Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober 2017 der „Rebellion“ beschuldigt. Zwölf weitere Politiker und Aktivisten, die sich nicht ins Ausland absetzten, stehen derzeit wegen gleich lautender Vorwürfe vor Gericht. Vier der Angeklagten hatten Ende April erfolgreich zum spanischen Parlament kandidiert.

Um mindestens einen Abgeordneten nach Straßburg zu entsenden, braucht „Lliures per Europa“ mehr als 1,85 Prozent aller in Spanien abgegebener Stimmen. Das wäre dann Puigdemont, der als Spitzenkandidat ins Rennen geht. Die Folge wäre wohl ein weiterer Rechtsstreit. Denn die spanischen EU-Abgeordneten müssen ihre Ernennungsakte in Madrid abholen. Sobald Puigdemont, Comín oder Ponsatí das Land betreten, werden sie festgenommen, da gegen sie ein Haftbefehl besteht.

Deshalb stellt sich die Frage, ab wann ein Europaabgeordneter parlamentarische Immunität genießt. Ein Großteil der spanischen Presse geht davon aus, dass dies erst dann der Fall ist, wenn die Ernennungsakte überreicht wurde. Puigdemonts Anwalt Gonzalo Boye sieht das anders. Er beteuert, dass die Immunität in Kraft tritt, sobald sein Mandant gewählt wurde.

Boye glaubt, dass Puigdemont dann ohne Probleme nach Spanien einreisen kann. „Puigdemont, Ponsatí und Comín können bei den Wahlen antreten. Der Oberste Gerichtshof gibt uns recht. Und sie werden dies auch in Sachen Immunität tun, sobald die Zeit gekommen ist“, schreibt er auf twitter.

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