© 2018 Reiner Wandler

Puigdemont in Deutschland verhaftet

Zehntausende zogen am frühen Abend in Barcelona vom Sitz der EU-Vertretung zum deutschen Konsulat./ Foto: ANC

Die Flucht des ehemaligen katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont endete am Sonntag um 11:19 Uhr. Der nach seiner Absetzung durch Madrid Ende Oktober nach Brüssel geflohene 55-jährige Politiker wurde hinter der dänisch-deutschen Grenzen unweit der Bundesautobahn A7 bei Schleswig festgenommen worden. Am Sonntagnachmittag wurde er in die Justizvollzugsanstalt Neumünster gebracht. Da Grenzkontrollen von Dänemark nach Deutschland unüblich sind, muss davon ausgegangen werden, dass die deutsche Polizei einen Tipp erhalten hat. Vermutlich überwachte ihn der spanische Geheimdienst.

Puigdemont wird von Spanien nach der Abhaltung eines Referendums über die Unabhängigkeit der nord-ost-spanischen Region Katalonien am 1. Oktober und einer Unabhängigkeitserklärung am 27. Oktober wegen „Rebellion“ und „Veruntreuung öffentlicher Gelder“ per europäischem Haftbefehl gesucht. Die spanische Justiz hat gegen weitere fünf katalanischen Politiker eine internationalen Haftbefehl erlassen. In Spanien selbst sitzen bereits sieben Politiker und zwei Aktivisten wegen den gleichen Anklagepunkten in Untersuchungshaft.

Puigdemont befand sich auf einer Reise „um den katalanischen Konflikt zu internationalisieren“. Nach einem Besuch in Genf war er in der finnischen Hauptstadt Helsinki wo er am Freitag auf Einladung einer Gruppe von Parlamentariern einen Vortrag an der Universität hielt. Zum Rückflug nach Belgien am Samstag erschien er nicht.

Puigdemont hatte es wohl vorgezogen, bereits am Freitag im PKW abzureisen, als es immer wahrscheinlicher wurde, dass Ermittlungsrichter Pablo Llarena am Obersten Gerichtshof in Madrid den europäischen Haftbefehle gegen ihn wieder in Kraft setzten würde. Das geschah nach der Bekanntgabe der Ermittlungsergebnisse. Gegen 13 Politiker und Aktivisten, darunter Puigdemont, eröffnete Llarena das Verfahren wegen „Rebellion“ und „Veruntreuung öffentlicher Gelder“, gegen 10 weitere wegen „Ungehorsam“ und teilweise auch wegen „Veruntreuung“. Auf „Rebellion“ stehen bis zu 30 Jahre Haft; auf „Veruntreuung“ bis zu 8; Ungehorsam wird mit mehreren Jahren Entzug der Bürgerrechte bestraft.

Llarena schickte noch am Freitag Abend fünf katalanische Politiker in U-Haft. Darunter der ehemalige Präsidentialamtsminister Jordi Turull, der am Samstag vom katalanischen Parlament im zweiten Wahlgang zum neuen Regierungschef gewählt werden sollte. Parlamentspräsident Roger Torrent sagte daraufhin die Abstimmung ab. Er bezeichnete Spanien als „autoritären Staat“ und verlangte von allen politischen Kräfte in Katalonien „eine Front zur Verteidigung der Demokratie“.

Llarena hatte bereit im November von Brüssel die Auslieferung Puigdemonts und vier seiner Ex-Minister verlangt. Als sich abzeichnete, dass die belgische Justiz „Rebellion“ als Straftatbestand nicht anerkennen würde, zog Llarena den Haftbefehl erst einmal zurück.

Da es ohne Gewalt wohl kaum Rebellion geben kann, wirft Llarena den Angeklagten jetzt vor, versucht zu haben, den „gewalttätigen Fanatismus ihrer Anhänger zu entfesseln“. Als Beleg dafür dient unter das Referendum am 1. Oktober. Dabei seien 60 Polizeibeamte verletzt worden. Die Bilder, die um die Welt gingen, zeigen anderes. Die wild knüppelnden Polizisten, die über 900 Verletzte hinterließen, stießen wenn überhaupt dann nur auf gewaltfreien Widerstand.

Die Verhaftung in Deutschland bringt Puigdemont eine Menge Probleme. Denn mit einem europäischen Haftbefehl ist eine Auslieferung weitgehend Formsache und findet in 10 bis 60 Tagen statt. Dabei vertraut die örtliche Justiz auf die Anklagepunkte des Landes, das die Auslieferung beantragt. Nur Belgien behält sich das Recht vor, Einzelfälle genauer zu überprüfen. Der Fall Puigdemont liegt jetzt bei der Generalstaatsanwaltschaft in Schleswig.

Was bisher geschah: