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CUP macht Strich durch die Rechnung

 

Drei Monate nach den Wahlen sollte Katalonien einen neuen Regierungschef bekommen. Doch das scheiterte am Donnerstag zumindest in erster Runde. Die antikapitalistische CUP kündigte an, sich bei der Abstimmung am Abend enthalten zu wollen. Der Kandidat Jordi Turull wird damit nur 64 Stimmen erhalten, vier zu wenig für die absolute Mehrheit. Jetzt muss das katalanische Parlament in 48 Stunden erneut zusammentreten und erneut abstimmen. Dann reicht die einfache Mehrheit. Doch auch dafür sind zwei Stimmen der CUP notwendig.

Parlamentspräsident Roger Torrent hatte die Sitzung in nur 24 Stunden vorbereitet und anberaumt. Die Neuwahlen vom Dezember waren von der Regierung in Madrid angesetzt worden, nachdem Ministerpräsident Mariano Rajoy die katalanische Regierung unter Carles Puigdemont nach einem Unabhängigkeitsreferendum und einer Unabhängigkeitserklärung vergangenen Oktober des Amtes enthob und Katalonien unter Zwangsverwaltung stellte.

Der 52-jährige Jurist sitzt seit 2006 im katalanischen Autonomieparlament, wo er es bis zum Fraktionssprecher von Convergència i Unio (CiU) brachte, aus der die heutige „Gemeinsam für Katalonien“ (JxCAT) Puigdemonts hervorging. Ausserdem war er rechte Hand Puigdemont und dessen Vorgänger Artur Mas, der für Sozialkürzungen in Katalonien verantwortlich zeichnete. Ausserdem distanzierte sich Turull nie vom Clan des CiU-Gründers Jordi Pujol. Der ehemalige Regierungschef Kataloniens, seine Frau, fast alle seiner Kinder, sowie einige enge Mitarbeiter müssen sich wegen Korruption verantworten. Es ist genau das, was es der CUP so schwierig macht, für Turull zu stimmen.

Turull ist das, was die Presse „Plan C“ nennt. „Plan A“ war die erneute Wahl des von Madrid mit Hilfe des Verfassungsartikels 155 abgesetzten Puigdemont zum Regierungschef. Doch der Richter am Obersten Gerichtshof, Pablo Llarena in Madrid der gegen den nach Brüssel geflohenen Politiker ermittelt, zog den Haftbefehl nicht zurück. Puigdemont konnte somit nicht nach Barcelona reisen, ohne in Untersuchungshaft zu enden. Ihm wird, wie allen Mitgliedern seiner abgesetzten Regierung sowie einigen Parlamentariern und Aktivisten „Rebellion, Aufstand und Veruntreuung öffentlicher Gelder“ vorgeworfen. Darauf stehen bis zu 55 Jahre Haft.

Auch durch „Plan B“ machte Llarena einen Strich. Es ging um den inhaftierten ehemaligen Vorsitzenden der wichtigsten Bürgerorganisation für die Unabhängigkeit, die Katalanische Nationalversammlung (ANC), Jordi Sànchez. Llarena ließ ihn nicht aus dem Gefängnis. Sànchez zog sich darauf hin aus der Politik zurück.

Parlamentspräsident Torrent hatte zum Eilverfahren gegriffen, nachdem Ermittlungsrichter Llarena Turull und fünf weitere Parlamentarier für Freitag früh zitierte. Der Anwalt Turulls befürchtet, dass sein Mandat erneut in Untersuchungshaft genommen werden könnte.

Turull war bereits vom 2. November bis zum 4. Dezember in Haft und wurde dann gegen Kaution freigelassen. Er war in den Monaten der Vorbereitung und Durchführung des verbotenen Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober vergangenen Jahres Minister im Präsidentialamt Puigdemonts und katalanischer Regierungssprecher.

„Über Turull hängt ein Damoklesschwert“, hatte die Regierung in Madrid gegenüber der spanischen Presse am Dienstag verlauten lassen. Nur wenige Stunden später zitierte Richter Llarena die Beschuldigten. Allerdings musste wenige Stunde vor Beginn der alles entscheidenden Parlamentssitzung Justizminister Rafael Catalá eingestehen, dass – sollte Turull gewählt werden – König Felipe VI. nichts anderes übrig bleibt, als seine Ernennungsurkunde zu unterschreiben, auch wenn Turull in Untersuchungshaft muss. Erst bei Auftakt des Hauptverfahren könnte das Gericht über die Angeklagten eine Verbot, öffentliche Ämter zu bekleiden, verhängen./Foto: CiU

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