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Zwischenlager entzweit Nachbarn

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Portugals Regierung könnte den Nachbarn Spanien vor der EU-Kommission anzeigen, das bekräftigte Umweltminister Joao Pedro Matos. Der Grund für seine Verstimmung: Die spanische Regierung hat grünes Licht für ein Atommüllzwischenlager in Almaraz gegeben. Dort stehen zwei der ältesten spanischen Atomkraftwerke (AKW), die in den vergangenen Jahren immer wieder für Schlagzeilen durch Sicherheitsprobleme gesorgt haben. Das zusätzliche Zwischenlager erhöht, so glauben die Portugiesen, das Risiko noch.

Almaraz liegt nur 100 Kilometer von der spanisch-portugiesischen Grenze entfernt, direkt am Ufer des Tajos. Der Fluss – der ab der Grenze Tejo heisst – mündet bei Lissabon in den Atlantik. Die Lage von Almaraz hätte, so die europäischen Richtlinien, ein Umweltgutachten unter Einbeziehung der portugiesischen Nachbarn notwenig gemacht. Spaniens Regierung unter dem konservativen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy habe dies einfach ignoriert. Matos hofft, dass die spanische Regierung noch einlenkt und vom Bauprojekt abstand nimmt.

„Die spanische Entscheidung verstösst gegen europäisches Gesetz und gegen das Prinzip der Loyalität unter Nachbarn“, beschwerte sich der portugiesische Minister Matos als der Plan für das Zwischenlager vor einer Woche bekannt wurde. Alle Parteien im portugiesischen Parlament stimmten gemeinsam für eine von den Grünen eingebrachte Resolution, die das spanische Vorgehen verurteilt.

Zeitgleich zur Treffen der beiden Minister in Madrid fand vor den Toren des spanischen Landwirtschafts-, Fischfang-, Ernährungs- und Umweltministerium eine Kundgebung der spanische Anti-AKW-Koordination statt. „Das Zwischenlager ist der erste Schritt, um die Laufzeit der beiden AKWs in Almaraz von 40 auf 60 Jahre zu verlängern“, beschwerte sich der Sprecher der Umweltschutzorganisation Ecologistas en Acción, Francisco Castejón. Eine einfache Rechnung bekräftigt seinen Verdacht. Die Becken für ausgediente Brennstäbe auf dem AKW-Gelände reichen für den anfallenden Atommüll bis zum Ende der Betriebsgenehmigung 2020. Ein Zwischenlager mit 20 Containern macht nur Sinn, wenn die Laufzeit erheblich verlängert wird.

Almaraz geriet immer wieder wegen Sicherheitsmängel in die Presse. Zuletzt versagte eine der fünf Pumpen des offen Kühlsystems, das mit Wasser aus dem Tajo betrieben wird. Der Motor lief fest nachdem ein Bauteil, das den Verlust von Öl verhindern soll, kaputtging. Die Betreiber – 53% Iberdrola, 36% Endesa und 11% Unión Fenosa – gaben bei einer Untersuchung zu, dass die fraglichen Bauteile zuletzt 1997 gewartet worden waren. „Alle fünf Pumpen sind baugleich“, beschwerte sich Ecologistas en Acción, als der Betrieb nach einer Schnellreparatur einfach wieder aufgenommen wurde.

Almaraz sei „obsolet“ heisst es in der gemeinsamen Erklärung aller im portugiesischen Parlament vertretenen Parteien. Anders als Spanien setzt Portugal weiterhin auf erneuerbare Energien. Zum Jahresbeginn funktionierte dank guter Winde die Stromversorgung im gesamten Land erstmals vollständig ohne fossile Brennstoffe. Ausser einem kleinen Forschungsreaktor hat Portugal keine AKWs.

Was bisher geschah: