© 2015 Reiner Wandler

Juristischer Sieg der Polisario

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Die Befreiungsbewegung der Westsahara, die Frente Polisario, hat einen juristischen Sieg über die Besatzungsmacht Marokko und die Europäische Union errungen. Der Gerichtshof der Europäischen Union in Luxemburg erklärte am Donnerstag das Freihandelsabkommen für Landwirtschafts- und Fischereiprodukte zwischen dem nordafrikanischen Königreich und Brüssel aus dem Jahr 2012 für ungültig. Der Grund: Der Vertrag schließt die seit November 1975 von Marokko völkerrechtswidrig besetzte, ehemalige spanische Kolonie Westsahara an der afrikanischen Nordwestküste, gegenüber den Kanarischen Inseln, mit ein. „Die Souveränität Marokkos über die Westsahara wird weder von der EU noch von deren Mitgliedsstaaten und auch nicht von den Vereinten Nationen anerkannt“, heisst es in dem Urteil gegen das Rabat und Brüssel binnen zweier Monate Widerspruch einlegen können.

Erstmals erkennt damit ein europäisches Gericht die Polisario als Teil des Konfliktes an, und gesteht ihr Hoheitsrechte und Interessen über das Gebiet zu. Die Polisario hatte vor drei Jahren mit der Begründung geklagt, dass das Abkommen eine Form der „wirtschaftlichen Ausbeutung mit dem Ziel die Struktur der sahrauischen Gesellschaft zu verändern“ sei.

Ein Großteil der Bevölkerung der besetzten Gebiete lebt in Flüchtlingslagern in der algerischen Wüste rund um die Garnisonsstadt Tindouf. Seit 1991 versuchen die Vereinten Nationen (UN) vergebens ein Referendum in die Wege zu leiten, in dem die Sahrauis über Unabhängigkeit oder Anschluss an Marokko entscheiden können. Dies scheiterte bisher an der Haltung Rabats. Marokko erkennt den Zensus, der von der UN erstellt wurde, nicht an. König Mohamed VI. will Stämme aus angrenzenden Gebieten einschreiben lassen, um sich so eine Mehrheit für Marokko zu sichern. Proteste in den besetzten Gebieten werden immer wieder gewaltsam niedergeschlagen. Wer für die Unabhängigkeit der Westsahara eintritt, riskiert hohe Haftstrafen, Folter oder gar Verschwindenlassen.

Die Polisario hat zwei weitere Klagen in Europa eingereicht. Zum einen gegen ein Importabkommen zwischen dem Vereinten Königreich (UK) und Marokko und zum anderen gegen das europäisch-marokkanische Fischereiabkommen.

Das letzte Abkommen dieser Art stammt aus dem Jahr 2014 und sieht die Zahlung von 30 Millionen Euro an Marokko vor. Im Gegenzug dürfen 126 Boote in den Gewässern Marokkos und vor allem in denen der besetzen Westsahara fischen. Die Reeder zahlen dafür weitere 10 Millionen Euro. 99 der 126 Boote stammen aus der ehemaligen Kolonialmacht Spanien. Das Land ist – so sieht es die UN mit dem gültigen Völkerrecht in der Hand – bis heute Verwaltungsmacht der Westsahara, da der Landstrich durch die marokkanische Besetzung nie ordentlich entkolonialisiert wurde. Madrid kehrt seit Jahrzehnten den Sahrauis den Rücken zu.

Was bisher geschah: