Die spanischen Sozialisten haben einen neuen Generalsekretär. Der 42-jährige Abgeordnete Pedro Sánchez aus Madrid gewann am Sonntag die Urwahlen der PSOE mit 48,7 Prozent der abgegebenen Stimmen. Insgesamt waren 198.000 Parteimitglieder an die 4.000 Urnen gerufen worden. Die Wahlbeteiligung lag bei knapp 67 Prozent. Sánchez, von Beruf Wirtschaftsprofessor an einer rechten Privatuniversität in der spanischen Hauptstadt, setzte sich gegen zwei Mitbewerber durch. Der Generalsekretär der sozialistischen Parlamentsfraktion, Eduardo Madina (38) erhielt 36,1 Prozent der Stimmen, der parteilinke Philosophieprofessor José Antonio Pérez Tapias (59) 15,1 Prozent. Sánchez soll die Sozialisten jetzt zum Sonderparteitag am 26. und 27. Juli führen.
Die Urwahl war notwendig geworden, nachdem der bisherige Parteichef, Alfredo Pérez Rubalcaba (62), nach den Europawahlen am 25. Mai den Hut nahm. Die PSOE hatte gerade noch 23 Prozent erhalten. Bei den letzten siegreichen Parlamentswahlen 2008 waren es stolze 43,9 Prozent.
Seine Wahl zum Parteichef sei „der Anfang vom Ende von Mariano Rajoy“ – Spaniens konservativem Regierungschef – gab sich Sánchez nach seinem Sieg selbstsicher. 2015 stehen gleich drei Wahlen an. Im Frühjahr werden spanienweit alle Gemeinde- und Stadträte gewählt. Gleichzeitig stimmen die Bürger über die Regionalparlamente in den meisten spanischen Autonomie ab. Im Herbst dann wird das spanische Parlament gewählt.
Sánchez gab sich bei seinem Wahlkampf, in dem er im Privat-PKW 45.000 Kilometer zurücklegte, als unabhängiger Basiskandidat. Doch ohne die Unterstützung des mächtigen Apparates hätte er die Wahlen wohl nicht gewonnen. Vor allem im südspanischen Andalusien erhielt er mit über 60 Prozent überdurchschnittlich viele Stimmen. Jedes vierte PSOE Mitglied lebt in der Region, die nach wie vor von den Sozialisten regiert wird. Die dortige Partei- und Regierungschefin und Susana Díaz ist die neue starke Frau in der PSOE. Bisher zieht sie nur im Hintergrund die Fäden.
Bis zu seiner Kandidatur war Sánchez ein ruhiger Hinterbänkler. Er gehört zu den jungen Politikern, die von José Blanco, dem ehemaligen Organisationssekretär unter dem 2011 zurückgetretenen Ministerpräsidenten José Luis Rodríguez Zapatero, für die Partei rekrutiert wurden. Sánchez gehörte verschiedenen Beraterstäben der Partei in Madrid und Brüssel an. Zweimal kandidierte er Dank der Intervention Blancos auf der Liste zum Madrider Stadtrat und verfehlte knapp den Einzug ins Rathaus. 2008 und 2011 stand sein Namen auf der Kandidatenliste der Provinz Madrid für das spanische Parlament. Beide Male wurde er nicht gewählt und erhielt erst später als Nachrücker einen Sitz.
Sánchez verspricht jetzt die PSOE zu einen und zu erneuern. Das ist keine leichte Aufgabe. Spaniens Parteienlandschaft ist im Umbruch begriffen. Bei den Europawahlen bleiben die beiden großen Parteien – die PSOE und Rajoys Partido Popular (PP) – erstmals zusammen unter 50 Prozent. Die postkommunistische Vereinigte Linke (IU) legte zu und eine neue Protestbewegung unter dem Namen Podemos – „Wir können“ – erhielt auf Anhieb über 1,2 Millionen Stimmen (8 Prozent). So mancher bei den Sozialisten fürchtet, dass die Parteien links der PSOE weiter zu Ungunsten der Sozialisten zulegen könnten. Viele in der Partei fürchten ein Schreckensszenario wie in Griechenland, wo die sozialistische PASOK mittlerweile nur noch acht Prozent der Stimmen erhält, und das Linksbündnis Syriza die EU-Wahlen gewonnen hat. Bei den EU-Wahlen waren in Spanien die Kräfte links der PSOE erstmals fast genau so stark wie die Sozialisten. Viele Wähler sind von der PSOE enttäuscht, da sie zu Beginn der Krise den Sparkurs einleitete, den die Konservativen dann entschlossen weiterverfolgten. Mittlerweile sind 26 Prozent arbeitslos Zehntausende verlieren pro Jahr ihre Wohnung durch Zwangsräumung.
Einen Linksruck, der diese Wählerwanderung der Empörten stoppen könnte, wird es unter Sánchez nicht geben. „Ich werde soweit links sein, wie die Basis“, erklärte er am Wahlabend. Und diese gab dem Kandidaten der Parteilinken nur 15 Prozent der Stimmen./Foto: Pedro Sánchez