Francisco Zurita redet schnell und entschlossen. Er kennt alle und alles in der Fabrik für Kunststeinplatten für Badezimmer und Küchen in Narón im nordwestspanischen Galicien. Der 42-Jährige arbeitet seit 22 Jahren hier und gehört damit zu der Belegschaft der ersten Stunde. Zurita ist eigentlich Elektriker. Doch seit Anfang Oktober nennt er sich Verwaltungsratsvorsitzender. Denn zusammen mit weiteren 38 KollegInnen hat er den Betrieb übernommen.
Privilege hieß das Unternehmen, das aus gemahlenem Quartz und Harz unter hohem Druck Kunststeinplatten fabriziert, vor dem Bankrot im Sommer 2011. Seaquartz heißt es jetzt und ist eine Genossenschaft. Und Zurita ist einer von drei Vorständen: „Aus Engagement. Der Lohn ist und bleibt der alte, wie ich ihn als Elektriker hatte“, sagt er zufrieden.
Die Fabrik in Narón, die im Januar wieder die Produktion aufnehmen wird, gehörte dem italienischen Unternehmen Quarella. Bis 2007 lief alles prima. 400.000 Quadratmeter Kunststeinplatten verließen pro Jahr das Werk. Die Besitzer modernisierten. Doch dann platzte die Blase der spanischen Bauwirtschaft. Hinzu kamen wirtschaftliche Schwierigkeiten der Betriebe in Italien. Der Bankrot wurde angekündigt.
„74 Arbeiter und Angestellte verloren ihren Job“, berichtet Zurita. „Wir gründeten eine Genossenschaft, um die eigene Fabrik aufzukaufen“, sagt er. Die Idee entstand im Gespräch mit Vertretern des Wirtschaftsministerium der galicischen Regionalregierung, den Gewerkschaften und den Anwälten, die die Belegschaft im Konkursverfahren verteidigten. 39 der 74 schlossen sich dem Projekt an. 200.000 Euro brachten sie ein. „Aus unseren Abfindungen“.
Bei der Zwangsversteigerung der Fabrik zeigte sich dann, dass es beim Bankrot wohl nicht ganz mit rechten Dingen zugegangen war. „Wir boten 2,6 Millionen Euro und ein Mitbewerber mit dem Namen Poliver 6 Millionen“, erzählt Zurita. Poliver bekam den Zuschlag, und das obwohl sich schnell herausstellte, dass dies eine Scheinfirma der alten Eigentümerfamilie war. Die Stimmung bei den Genossenschafter war mehr als gedrückt. Der Traum schien vorbei, bevor er begann. Bis dann die Nachricht kam, dass Poliver nicht bezahlt hatte. „Als Unterlegener bekamen wir den Zuschlag. 200.000 zahlten wir sofort. Ende 2014 und 2015 werden jeweils 1,2 Millionen fällig“, sagt der Genossenschaftsvorsitzende. Um die Produktion aufzunehmen, stellt die galicische Regierung einen Kredit von bis zu 1,5 Millionen Euro bereit. „Die Banken geben dir in der jetzigen Krise kein Geld“, sagt Zurita dankbar.
Angst vor der Zukunft hätten sie keine, berichtet er weiter. „Wir werden nur zehn Prozent der Produktion auf dem spanischen Markt verkaufen. Der Rest geht nach Australien, USA, Kanada, Lateinamerika und in die arabischen Länder“, berichtet Zurita. Erste Verträge seien bereits ausgehandelt. „Wir haben ein hochqualitatives Produkt, der Markt weltweit wächst und es gibt nur insgesamt 12 Fabriken für Kunststeinplatten, wie die unseren. Keinem dieser Unternehmen geht es schlecht. Warum soll es da keinen Platz für uns geben?“ fügt er hinzu.
Während die Genossen unten in der Werkshalle die Maschinen nach einem Jahr Stillstand wieder auf Vordermann bringen, arbeitet oben in der Büros der Vorstand mit dem neuen Verkaufsteam, dem Fabrikdirektor und den Anwälten – alle wurden von außen eingestellt – den Produktionsplan fürs kommende Jahr – dem Jahr 22 der Fabrik aber dem Jahr 1 der Genossenschaft – aus. „Manchmal wird mir schwindelig, wenn ich an die Verantwortung denke“, erklärt Zurita. „Aber noch schwindeliger wird mir, wenn ich an das denke, was uns hätte blühen können: Auf der Strasse sitzen ohne Perspektive, wie sechs Millionen Arbeitslose hier in Spanien.“