Die beiden tunesischen Oppositionellen Chokri Belaid und Mohammed Brahmi wurden nicht nur mit der selben Waffe ermordet, wie das Innenministerium bereits vor Monaten bekannt gab, sondern es handelt sich dabei um eine Beretta 9 mm aus belgischer Produktion. Diese Pistole wird in Tunesien ausschließlich von hohen Funktionären der Staatssicherheit benutzt. Dies machte am Donnerstag die Anwälte der „Initiative zur Wahrheitsfindung über die Morde“ (IRVA) auf einer Pressekonferenz in Tunis öffentlich.
Der Anwalt Mokhtar Trifi, der die Witwe von Belaid Basma Khalfaoui vertritt, wirft dem Innenministerium vor, ein entsprechendes in Holland erstelltes ballistisches Gutachten seit dem 26. Mai geheim zu halten. Eine Delegation des Innenministeriums sei eigens nach Holland gereist, um den Bericht in fünffacher Ausfertigung entgegenzunehmen. Bis heute behauptet das Ministerium jedoch, kein Gutachten erhalten zu haben.
Die IRVA sowie die Angehörigen der beiden linken Politiker und Gewerkschafter wollen jetzt Klage gegen die zuständigen Beamten im Innenministerium wegen „Verheimlichung von Beweismitteln“ einreichen. Außerdem fordern die Anwälte eine „ernsthafte Untersuchung“ über die Verstrickung der Direktion für Staatssicherheit in die Mordfälle.
Die Vorwürfe gegen die Staatssicherheit treffen ganz direkt den tunesischen Regierungschef Ali Laarayedh. Der Islamist stand dem Innenministerium vor, als Chokri Belaid am 6. Februar diesen Jahres erschossen wurde. Die politische Krise, die der Anschlag auslöste, führte zu einem Rücktritt des damaligen Regierungschefs Hamadi Jebali. Laarayedh rückte auf.
Nach dem Mord an Mohammed Brahmi am 25. Juli 2013 kam es erneut zu Massendemonstrationen, die dieses Mal den Rücktritt Laarayedhs forderten. Dieser stimmte mittlerweile zu, sein Amt zugunsten einer neuen Technokratenregierung niederzulegen. Diese soll im „Nationalen Dialog“ zwischen der Koalitionsregierung unter Laarayedh und der Opposition ausgehandelt werden. Die Gespräche scheiterten Anfang der Woche.