Die ETA-Frau Inés Del Río, die Spaniens Justiz erfolgreich vor dem Europäischen Menschengerichtshof verklagte, hat eine lange Geschichte. Die heute 55-Jährige aus Tafalla in der nordspanischen Provinz Navarra gehörte ab 1985 dem berüchtigten Kommando Madrid der baskischen Separatistengruppe ETA an. Anschläge mit 24 Toten brachten del Río eine Haftstrafe von 3828 Jahren ein.
Auf der langen Liste ihrer Opfer stehen zusammen mit anderen Militärs, ein Oberst der Armee und ein Vizeadmiral der Marine. Sie starben im Kugelhagel. Die „Kleine“ – wie einer der Decknamen del Ríos lautete – und Genossen lauerte ihnen mit Maschinenpistolen auf.
Auch mit Autobomben operierte das Kommando Madrid. Fünf Mitglieder der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil, die die italienische Botschaft bewachten, kamen bei einer Explosion ums Leben.
Der Anschlag für den del Río vielen in Spanien bis heute in Erinnerung ist, ereignete sich am 14. Juli 1986 in der nördlichen Innenstadt Madrids. Eine Bombe zerfetzte einen Bus voller Polizeischüler der Guardia Civil auf der Plaza de la República Dominicana. 12 Tote und 56 teils schwer Verletze lautete die blutige Bilanz.
Als die Polizei schließlich im Januar 1987 die Wohnung des Kommandos Madrid fand, und fünf Etarras festnahm, war del Río längst in Frankreich abgetaucht. Später reiste sie nach Algerien weiter. Nach ihrer Rückkehr nach Spanien schloss sie sich einem anderen Kommando an. Am 2. Juni 1987 wurde sie festgenommen, als sie mit einen mit 35 Kilogramm Sprengstoff beladenen Lieferwagen an Urlaubsgebiete an der Mittelmeerküste unterwegs war.
21 Jahre später, im Juli 2008, sollte sie wegen guter Führung aus der Haft entlassen werden. Wenige Wochen zuvor erklärten die zuständigen Richter, dass del Río unter die Parot-Doktrin falle. Diese Regelung aus dem Jahr 2006 sieht vor, dass Hafterleichterungen für gute Führung, Arbeit in der Haftanstalt etc. nicht mehr auf die maximale Haftdauer von 30 Jahren angerechnet werden, sondern auf die Einzelstrafen. Bei 23 Verurteilungen wegen Mord sollte del Río so die vollen 30 Jahre bis 2017 absitzen. Sie zog vor den Straßburger Gerichtshof. Die europäischen Richter erklärten die Doktrin Parot für ungültig. Am Dienstag musste die spanische Justiz Inés del Río freilassen.