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Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy ist mittlerweile an Demonstrationen gegen seine Politik gewöhnt. Doch der Protest Samstag in Madrid war eine Premiere. Erstmals gingen Angehörige der spanischen Streitkräfte gegen den Konservativen auf die Straße. Über 100 Mitglieder der Berufsarmee versammelten sich vor dem Verteidigungsministerium in Solidarität mit dem Vorsitzenden des Soldatenverbandes AUME, Jorge Bravo. Der Leutnant sitzt seit Anfang April in einer Kaserne nahe der spanischen Hauptstadt eine Disziplinarstrafe von einem Monat und einem Tag ab. Der Grund: Er hatte vergangenen Juli in zwei Radiointerviews die Sparpolitik der Regierung scharf kritisiert.
Bravo sprach sich gegen die fünfprozentige Lohnkürzung sowie die Streichung des Weihnachtsgeldes für Beamte aus. In der Armee gebe es „genügend überflüssige Ausgaben“, wie öffentliche Vereidigungen, Paraden zum Nationalfeiertag im Oktober, oder die Nutzung von Dienstfahrzeugen. Dort könne wesentlich mehr eingespart werden, als bei den Personalausgaben. Diese Erklärungen wurden ihm zum Verhängnis. Bravo habe gegen das Militärgesetz verstoßen, das den Soldaten öffentliche politische Äußerungen ausdrücklich untersagt, befand ein Disziplinargericht und sperrte ihn ein.
„Er ist völlig isoliert, ohne Internet und ohne Handy“, beschwerte sich der AUME-Sprecher Mariano Casado. „Bravo wird die Freiheit entzogen, weil er als Bürger, als Mensch und als Vertreter einer Organisation vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch machte“, fügt Casado hinzu. Der Europäische Soldatenverband Euromil unterstützt Bravo ebenfalls. Die Strafe verstoße „gegen nationales und internationales Recht“, heißt es in einer Solidaritätsadresse des Verbandes, dem 40 Organisationen in 26 Ländern angehören.
Die AUME-Mitglieder sangen vor dem Verteidigungsministerium das Lied der portugiesischen Nelkenrevolution „Grândola, Vila Morena“, das 1974 den Soldaten in Portugal als Zeichen diente, die Kasernen zu verlassen und die Diktatur zu stürzen. Die Demonstration der Soldaten wurde von der wichtigsten Polizeigewerkschaft SUP, sowie vom Verband der Beamten der Guardia Civil und „Echte Demokratie jetzt!“, der Organisation, die am Anfang der spanischen Bewegung der Empörten stand, unterstützt. Außerdem fand sich der Generalsekretär der größten spanischen Gewerkschaftszentrale CCOO Ignacio Fernández Toxo ein. „Bravo ist ein großer Demokrat, der die Freiheiten verteidigt. Sein Arrest zeigt, der Übergang von der Diktatur zur Demokratie noch immer nicht vollständig ist“, erklärte Toxo.
Seine streitbare Haltung wurde Jorge Bravo nicht zum ersten Mal zum Verhängnis. 2006 kritisierte er die Armeeführung nach einem Hubschrauberabsturz in Afghanistan, der 17 Soldaten das Leben kostete, und musste dafür ebenfalls einen Monat und einen Tag hinter Gitter. Ein Jahr später wurde der Leutnant erneut zu 40 Tagen Disziplinarstrafe verurteilt. Er hatte an einer Demonstration der paramilitärischen Polizeieinheit Guardia Civil teilgenommen.