Spaniens Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero ist ein Freund großer Worte. Bei seinem ersten offiziellen Besuch im Weißen Haus Anfang Oktober wurde er nicht müde, die Anstrengungen seiner Regierung in Sachen erneuerbarer Energien zu preisen. Zu Hause jedoch sieht alles ganz anders aus: Leere Kassen und eine zögerliche Gesetzgebung gefährden den Ausbau einer Technologie, die Spanien industrialisiert hat, wie keine zweite.
„Um alle Vorteile der erneuerbaren Energien voll auszuschöpfen, brauchen wir einen stabilen, gesetzlichen Rahmen, der den Investoren Sicherheit und Vertrauen gibt“, mahnt der Vorsitzende des Verbandes der Produzenten erneuerbarer Energie (APPA), José María González Vélez. Vergebens: Spaniens Regierung hat das für diesen Herbst versprochene Gesetz für den Ausbau der erneuerbaren Energien verschoben. Denn seit Frühsommer hat Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero ein noch ehrgeizigeres Projekt. Er will ein „Gesetz für eine nachhaltige Wirtschaft“ erlassen.
Von einer modernen Bildung, einer richtungsweisenden Forschung, dem Schutz der Umwelt, dem Sparen und der Produktion von Energie soll dort die Rede sein. Spanien müsse weg von seiner Abhängigkeit von der Bauwirtschaft. Denn die Branche, die für den Wirtschaftsboom der letzten Jahre sorgte, reißt jetzt, wo die Spekulationsblase geplatzt ist, das Land tiefer in die Krise, als das restliche Europa. Spanien vermeldet knapp 20 Prozent Arbeitslose, die Staatskassen sind leer, das Haushaltsdefizit steigt.
Bisher liegen nur einige vage Richtlinien für das künftige Gesetz vor. Ob der Plan für den Ausbau der erneuerbaren Energien bis 2020 darin aufgehen wird, oder ob dazu irgendwann ein zweiten Gesetz erlassen wird, darüber schweigt sich die Regierung aus. Anfang kommenden Jahres werden deshalb wohl einmal mehr Dekrete erlassen werden, um die erneuerbaren Energien für den Zeitraum nach 2010, wenn die derzeitigen Pläne auslaufen, zu regulieren. „Das Industrieministerium hat beschlossen weiter in den Tag hineinzuleben“, kritisiert die größte spanische Tageszeitung El País diese Politik.
Was das bedeutet, bekommt die Photovoltaik-Branche am deutlichsten zu spüren. Ihr Geschäft ist fast völlig zusammengebrochen. „2008 wurden in Spanien über 2.600 MW installiert, 2009 werden es kaum 150 MW“, erklärt Javier Anta, der Chef des Verbandes der Photovoltaik-Industrie (ASIF). Schuld daran ist unter anderem die fehlende Vorausschau der Regierung. Als sich 2007 abzeichnete, das der Sektor weit schneller wuchs als geplant, reagierte das Industrieministerium erst zögerlich, um die Photovoltaik dann Ende 2008 völlig auszubremsen.
Es wurde ein Register mit Obergrenzen eingeführt. Pro Jahr dürfen nur noch 500 MW installiert werden, 133 MW in Bodenanlagen und 267 MW auf Dächern. Bei den Dachinstallationen läuft es besonders schlecht. „Die Genehmigung für eine 5-KW-Anlage ist so aufwendig wie für ein Solarfeld mit 10 MW“, beklagt Anta. Und wer eine Lizenz für eine Bodenanlage sein eigen nennt, wartet mit dem Baubeginn. Denn durch den Zusammenbruch des Marktes werden die Solarzellen ständig billiger. Da die Anlage spätestens ein Jahr nach dem Erhalt der Lizenz stehen muss, rechnet ASIF damit, dass sich das Photovoltaik-Geschäft zum Ende des Jahres deutlich beleben wird.
„Wir werden dieses Jahr ähnliche Zuwachsraten haben wie 2008“, erklärt der Sprecher des spanischen Windenergieverbandes AEE, Sergio de Otto. Damit dürften zum Jahresende mehr als 18.000 MW am Netz sein. Doch der Verband schaut voller Sorgen auf das kommende Jahr. Zum einen dürfte sich dann die Finanzkrise voll bemerkbar machen und zum anderen wurde auch für die Windenergie ein Zentralregister eingeführt. „Der Verwaltungsaufwand nimmt dadurch zu“, erklärt De Otto. Die Unternehmer der Windbranche können nicht verstehen, warum auch sie stärker als bisher kontrolliert werden. „Das von der Regierung festgelegte Ziel lautet 20.150 MW bis Ende 2010. Anders als die Photovoltaik laufen wir nicht Gefahr, diese Leistung wesentlich zu überschreiten“, erklärt De Otto. Er hofft, dass die Registrierung beschleunigt wird, um die Branche nicht mehr als nötig zu beeinträchtigen.
Das eigentliche Sorgenkind der Regierung ist die thermosolare Energie. 182 MW sind bereits am Netz. 34 weitere Kraftwerke sind im Bau. Insgesamt planen die großen Stromversorger 14.000 MW. Für über 4.000 MW sollen bereits alle Unterlagen für den Bau zusammen sein. Im Industrieministerium fürchtet man einen unkontrollierten Boom, wie ihn das Land bei der Photovoltaik erlebte. Deshalb arbeitet das Ministerium an einer künftigen Regelung für die Zeit nach 2010. Bis dahin gilt eine Obergrenze von 500 MW. Tatsächlich werden jedoch über 1.000 MW ans Netz gehen.
„Bei der thermosolare Technologie ist Spanien internationaler Marktführer, etwas was sonst selten vorkommt“, heißt es in einer Erklärung von Protermosolar. Der Verband verlangt eine großzügige Regelung, „jetzt wo die Technik auch für andere Märkte, wie die USA und Nordafrika interessant wird.“ /Erschienen: Neue Energie 11/09