Es war eine ungewöhnliche Messe. Sechs Bischöfe und rund 200 Priester feierten am Samstag in der Kathedrale der baskischen Hauptstadt Vitoria eine Eucharistie zu Ehren von 13 Priestern und einer Nonne, die im spanischen Bürgerkrieg ermordeten worden waren. „Wir begleichen eine alte Schuld“, predigte Bischof Miguel Asurmendi und er bedauerte „das nicht zu rechtfertigende Schweigen der offiziellen Stellen unserer Kirche“.
Die 13 Priester und eine Nonne wurden in den Jahren 1936 und 1937 beim Einmarsch der Truppen des aufständischen Generals Francisco Franco erschossen. Die Religiösen standen alle der Baskisch Nationalistischen Partei (PNV) nahe. Als einzige katholische Partei verteidigte die PNV die spanische Republik, die Francos Truppen letztendlich stürzten. Die standrechtlich erschossenen 14 Religiösen bezahlten dafür mit ihrem Leben. Sie wurden nicht einmal in die Kirchenbücher eingetragen. Der Vatikan erkannte sie nie als Märtyrer an.
Jetzt, 73 Jahre nach den Hinrichtungen, werden sie zumindest auf regionaler Ebene anerkannt. Die Bischöfe werden ihre Fälle in die Amtsblätter ihrer Diözesen aufnehmen. Außerdem werden sie in ihren einstigen Gemeinden in das Register für verstorbene Priester eingeschrieben.
Vor den Gläubigen, unter denen sich Vertreter der baskischen Regierung sowie der PNV befanden, bekräftigte Asurmendi, er wolle „keine alten Wunden aufreißen“, sondern helfen, sie dadurch verheilen zu lassen, dass lange Vergessene und Ausgeschlossene die ihnen zustehende Ehrung erhalten. „Das lange Schweigen ist nicht nur ein ungehöriges Versäumnis, sondern eine Verfehlung gegen Wahrheit, sowie gegen die Gerechtigkeit und Nächstenliebe“, hieß es in der Predigt.
Die baskischen Bischöfe hatten sich für die Messe im Gedenken an die 14 entscheiden, nachdem der Vatikan vor zwei Jahren auf Antrag der spanischen, katholischen Kirche 498 Märtyrer seligsprechen hat lassen. Unter den 498 befand sich ausnahmslos Nonnen, Mönche und Priester, die den republikanischen Truppen zum Opfer fielen. Die 498 wurden in einer Feier auf dem Petersplatz in Rom, an der neben Papst Benedikt XVI. auch 70 spanische Bischöfe teilnahmen, zu „Märtyrern des 20. Jahrhunderts“ ernannt. Sie seien Opfer „der größten Verfolgung von Gläubigen im vergangenen Jahrhundert“, durch die Truppen und Milizen, die Spaniens verfassungsmäßig Ordnung verteidigten.
In den Ausschreitungen gegen kirchliche Einrichtungen und deren Vertreter machte sich die jahrhundertelang aufgestaute Wut Luft. Über 10.000 ermordete Ordensmitglieder und Priester zählen Spaniens Bischöfe. 6.832 zählen unabhängige Quellen. Über 2.000 weitere Seligsprechungen werden von den zuständigen Stellen in Spanien und im Vatikan vorbereitet. Im Bürgerkrieg und während der darauf folgenden Diktatur, die erst 1975 mit dem Tod Francos zu Ende ging, unterstützte die spanische Amtskirche die Repression gegen Linke und Demokraten, der Hunderttausende zum Opfer fielen.
„Es ist niemals zu spät für die Aussöhnung und die Erinnerung“, erklärte die baskische Regierung, die seit wenigen Monaten erstmals von Nicht-Nationalisten geführt wird. Der Vorsitzende der PNV, Iñigo Urkullu, würdigte die Opfer, „die während all dieser Jahre dem Vergessen preisgegeben wurden“.
Die baskische Vereinigung der Opfer der Franco-Diktatur Ahaztuak hielt vor der Kirche eine Kundgebung ab. „Es ist ein Bruch mit der Haltung der Kirche der letzten 70 Jahre“, lobten sie die Bischöfe. Allerdings nahmen die Mitglieder von Ahaztuak nicht am Gottesdienst teil. Denn das Innere der Kathedrale von Vitoria schmückt bis heute ein in Stein gehauenes Wappen der Diktatur.