© 2009 Reiner Wandler

Unhaltbare Zustände

Es ist die Hölle, was die Kinder und Jugendlichen in Spaniens Heimen durchleben müssen. Das deckte jetzt der „Verteidiger für Bürgerrechte“ Enrique Múgica auf. Die Heimbewohner werden zur Strafe bis zu 72 Stunden isoliert, geschlagen, mit Medikamenten ruhig gestellt und in vier Zentren gar gefesselt. So steht es in einem knapp 500 Seiten starken Dokument, das Múgica dem spanischen Parlament vorlegte. In den meisten Einrichtungen müssten die Insassen ihre Briefe der Heimleitung vorlegen, bevor sie abgeschickt werden. Die Zimmer würden regelmäßig durchsucht. Und in einigen Zentren müssten sich die Jugendlichen völlig entkleiden, um sie auf Drogen abzusuchen.

„Ich habe gesehen, wie ein Erzieher ein Kind , das nur 1,50 Meter groß war, brutal gegen die Wand schlug“, zitiert die spanische Tageszeitung El País aus dem Brief eines Kindes. Im Dezember vergangenen Jahres erhängte sich in einem Heim im zentralspanischen Guadalajara ein 12 Jahre altes Kind, das die Behandlung nicht mehr aushielt.

Der „Verteidiger der Bürgerrechte“ untersuchte 27 der insgesamt 58 spanischen Heime. Die betroffen Kinder und Jugendlichen sind nicht etwa wegen einer Straftat verurteilt. Es sind schwer erziehbare und verhaltensauffällige junge Menschen, deren Erziehungsrecht nicht mehr bei den Eltern sondern bei den Behörden liegt. Zuständig für die Einrichtungen sind die spanischen Regierungen der spanischen Autonomien, vergleichbar den Bundesländern. Jedoch nur zwei der überprüften Heime unterstehen direkt den Behörden. Der Rest wird mit öffentlichen Geldern von privaten Stiftungen geführt.

Ursache für die harte Bestrafung sei oft die Tatsache, dass „die Jugendlichen den Erziehern widersprechen“, heißt es im Bericht. Manche Kinder würden so stark mit Medikamenten behandelt, dass das es für die Lehrer unmöglich sei mit ihnen zu arbeiten. Es gibt keine für alle Heime gültigen Regeln. Jede Einrichtung bestimmt selbst für was, welche Bestrafung angewandt wird. „Hinter beschönigenden Worten wie ‚kreative erzieherische Maßnahmen‘ verstecken sich oft reine Strafmaßnahmen“, schlussfolgert Múgica.

Während sich die meisten der zuständigen Regionalregierungen über die Vorwürfe ausschweigen, hat die Zentralregierung in Madrid mittlerweile die Staatsanwaltschaft beauftragt, die Situation in den Heimen zu untersuchen. Auch wenn die Heimen nicht in den direkten Zuständigkeitsbereich ihres Ministeriums fallen, könne die Regierung „bei solch schweren Vorwürfen nicht untätig bleiben“, begründet Bildungs- und Sozialministerin Mercedes Cabrera diesen Schritt.

Was bisher geschah: