© 2007 Reiner Wandler

Verblüffende Zahlen (3)

Sie sind in Spanien in Urlaub und brauchen eine Bank? Nichts leichter als das. Denn das Land auf der Iberischen Halbinsel ist Weltmeister in Sachen Bankfilialen und Geldautomaten. 39.404 Filialen der Banken und Sparkassen und über 50.000 Geldautomaten warten auf den Kunden. Das macht knapp eine Filiale pro 1000 Einwohner. Einen Ratio den nicht einmal die USA erreicht.

Alleine 2006 wurden 1.687 neue Filialen eingerichtet. Die Zahl der Niederlassungen hat sich seit dem Jahr 2002 fast verdoppelt. Besonders aktiv sind die großen Sparkassen, wie Caja Madrid oder die Caixa aus Barcelona. Mit aufwendigen Kampagnen versuchen sie überall im Land Kunden zu angeln. Der Banksektor hat in den ersten sieben Monaten des Jahres insgesamt 103 Millionen Euro in Werbung investiert.

Ein Jahrzehnt lang war der Immobilienboom der Motor des Bankgeschäftes. Die Wohnungspreise haben sich in zehn Jahren vielerorts verfünffacht. Das Kreditvolumen auch. Heute haben die Spanier Schulden in der Höhe des Brutto-Inlandsproduktes ihres Landes. Doch auch jetzt wo der Wohnungsverkauf ins Stocken gerät, und mit ihm das spanische Wirtschaftswachstum, geht der Wettbewerb unter Banken und Kassen weiter. Wer sein Gehalt monatlich auf ein Konto bei einem Geldinstitut einzahlen lässt, wird mit Geschenken von Kochtöpfen über Handys bis hin zu Plasmafernsehern und Playstations belohnt. Wer zusätzlich noch mehrere Daueraufträge für Telefon, Wasser oder Strom schaltet, erhält weitere Anerkennungen. Der Grund: Die Geldinstitute wollen die Kunden so eng wie möglich an sich binden, um dann Produkte wie persönliche Kredite, Hypotheken, Rentenfonds, Sparverträge oder Aktien zu verkaufen.

Laut der Stiftung der Sparkassen, Funcas, ist der hohe Ratio an Filialen tatsächlich gewinnbringend. Wer bei Verbraucherschutzorganisationen und Gewerkschaften nachfragt, erfährt warum. Zwar haben die Kassen in den letzten Jahren Tausende neuer Mitarbeiter eingestellt, doch wurde gleichzeitig die Belegschaft pro Filiale zusammengestrichen. Waren es vor einst im Schnitt fast sieben Mitarbeiter pro Niederlassung, sind es jetzt weniger als sechs. Und bei den Banken ist die Personalpolitik noch restriktiver. Durch den Zusammenschluss der Banco Bilbao Vizcaya und Agentaria zu BBVA und der Banco Santander und Central Hispano zu BSCH entstanden zwei Riesen auf dem Markt, die Personal über hatten. Insgesamt wurden 1999 bis 2002 21.000 Mitarbeiter entlassen. Zwar haben die Banken in den letzten Jahren unter dem Konkurrenzdruck der Sparkassen ebenfalls neue Filiale eröffnet, doch das Personal kommt aus der internen Rationalisierung. Insgesamt arbeiten 246.000 Menschen in den Banken und Sparkassen Spaniens.

Bezahlt werden die schönen neuen Filiale freilich vom Kunden. Nirgends in Europa zocken die Geldinstitute so hohe Gebühren ab, wie in Spanien. 260 Euro kostet den Durchschnittsspanier sein Konto im Jahr. Das sind über zehn Prozent mehr als noch vor zwölf Monaten. Alles ist kostenpflichtig. Von der Kontoführung, der Scheckkarte, Überweisungen, Geldziehen am Automat ja selbst der Empfang eines Betrages aus einem anderen EU-Land. Zwar befreit sich wer im Internet bankt davon. Doch nur wenige Spanier tätigen ihre Geschäfte online. Denn auch in Sachen Mißtrauen sind sie Weltmeister.

Was bisher geschah: