Marokko macht Druck auf die Europäische Union (EU). Wie das aussieht, war in den letzten Tagen in Ceuta zu sehen. Bei zwei Massenanstürmen kamen insgesamt über 800 schwarzafrikanische Flüchtlingen in die spanische Garnisonsstadt. Ceuta ist wie Melilla eine spanische Exklave an der nordafrikanischen Mittelmeerküste.
498 Immigranten überwanden den sieben Meter hohen Grenzzaun in der Nacht auf den 17. Februar. Sie öffneten mit brachialer Gewalt eine Tür im Zaun auf marokkanischer Seite, gelangten so in den Zwischenraum und von dort durch eine zweite Tür nach Spanien. Nur zwei Tage später gelangten an der gleichen Stelle weitere 356 Flüchtlingen auf spanisches Gebiet. Von spanischer Seite heisst es, der Abschnitt sei nur schlecht einsehbar und deshalb von den Flüchtlingen gewählt worden.
Die spanische und marokkanische Presse freilich haben eine andere Erklärung. Die Grenzsoldaten auf marokkanischer Seite würden großzügig wegschauen. Nur so sei es möglich gewesen, die Türen zu zerstören. „Erinnern wir uns, dass der Ansturm nur zehn Tage nach den Erklärungen von Aziz Akhannouch gegenüber der spanischen Nachrichtenagentur EFE stattfanden“, schreibt die marokkanische Nachrichtenweb „Le 360“, der gute Beziehungen zum Königshaus nachgesagt werden.
In jenem Interview beschwerte sich der marokkanische Landwirtschafts- und Fischfangminister über ein Urteil des Gerichtshofs der EU nachdem Landwirtschaftsprodukte aus der von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara nicht unter das Freihandelsabkommen Marokkos mit der EU aus dem Jahr 2012 fallen. Die Befreiungsbewegung für die Westsahara Polisario hatte geklagt. Zwar setzten die Richter In Luxemburg das Abkommen nicht ausser Kraft, wie von der Polisario verlangt, definierten aber das Staatsgebiet des Königreiches Marokko ausdrücklich ohne die besetzte Westsahara. Ein schwerer Schlag für König Mohamd VI. der die besetzten gebiete als „Südprovinzen“ seines Reiches sieht.
„Warum sollen wir weiter Polizei spielen? Wie sollen wir die afrikanische Migration durch Marokko blockieren, wenn Europa nicht mit uns zusammenarbeiten will?“ fragte Akhannouch, der als enger Vertrauter von König Mohamed VI. gilt. Die Nachricht ist klar: In den Wäldern rund um Ceuta und Melilla warten Tausende auf ihre Chance, die Grenzzäune zu überwinden.
Die spanische online-Zeitung „ElEspañol“, die von einem der bekanntesten spanische Journalisten, von Pedro J. Ramirez herausgegeben wird, geht noch einen Schritt weiter. Ihre Reporter vor Ort wollen von den Immigranten erfahren haben, dass auch die spanische Grenzer so gut wie untätig zugesehen hätten, als der Massenansturm stattfand. „Marokko will, dass das Landwirtschaftsabkommen erfüllt wird und Spanien könnte dabei helfen, indem gezeigt wird, wie wichtig Marokko für den Stopp der Einwanderung ist“, heisst es. Und warum das alles? Marokko sei für Spanien von großer Bedeutung. „Unabhängig von der EU bestehen bilaterale Abkommen in Sachen Terrorismus und Sicherheit, die vor allem Ceuta und Melilla betreffen.“/ Foto: pedrojimenez