11.1.2016, 8 Uhr 10. Dieser Moment wird in die spanische Geschichte eingehen. Infantin Cristina betrat in Begleitung ihres Ehemanns Iñaki Urdangarín das Provinzgericht in Palma de Mallorca. Zusammen mit weiteren 16 Angeklagten werden sich die beiden wegen verschiedener Delikte der persönlichen Bereicherung durch Unterschlagung öffentlicher Gelder mit Hilfe des als gemeinnützig eingetragenen Insitutes Nóos verantworten müssen. Mit Cristina steht erstmals ein Mitglied der spanischen Königsfamilie vor Gericht.
Cristina wird Beihilfe zur Steuerhinterziehung in zwei Fällen zur Last gelegt. Ihr droht eine hohe Geldstrafe. Ihr Gatte Urdangarín muss mit bis zu 19,5 Jahren Haft rechnen. Die Liste seiner Delikte reicht von Vorteilnahme und Amtsmissbrauch über Unterschlagung, Dokumentenfälschung, Betrug, Steuerhinterziehung bis hin zur Geldwäsche. Er soll zusammen mit seinem Partner Diego Torres, dem 16,5 Jahre Haft drohen, ein breites Netzwerk aus Unternehmen im In- und Ausland rund um Nóos aufgebaut haben, um sich persönlich zu bereichern. Infantin Cristina war an mehreren dieser Unternehmen direkt beteiligt.
Bei den restlichen 15 Angeklagten handelt es sich um mehrere Nóos-Mitarbeiter sowie um hohe Politiker, wie dem ehemaligen Regierungschef der Balearischen Inseln Jaume Matas und hohe Mitglieder der Regionalverwaltung aus Valencia. Sie gehören alle der in Spanien regierenden Partido Popular von Ministerpräsident Mariano Rajoy an.
Nóos kassierte von Regionalregierungen und Stadtverwaltungen für Studien sowie für die Vorbereitung von Sportveranstaltungen und kulturellen und touristischen Events Millionenbeträge, ohne entsprechende Gegenleistungen erbracht zu haben. Insgesamt soll das Netzwerk 6,2 Millionen Euro unterschlagen und in Steuerparadiese verschoben haben. Das letzte Glied in der Kette war eine Gesellschaft mit dem Namen Aizoon, deren einzige Teilhaber Cristina und Ehemann waren. Hier landeten mindestens 1,2 Millionen Euro zum persönlichen Gebrauch. Die Infantin diente dem Netzwerk als Aushängeschild. Selbst ihr Vater, der abgedankte König Juan Carlos, soll seine Kontakte haben spielen lassen.
Beim Hauptverfahren sollen über 320 Zeugen geladen werden. Unter ihnen so bekannte Politiker, wie der ehemalige konservative Wirtschaftminister und späterer Direktor des Internationalen Währungsfonds Rodrigo Rato.
Der Anwalt von Infantin Cristina versuchten beim gestrigen Verhandlungsauftakt eine Einstellung des Verfahrens gegen seine Mandantin zu erwirken. Da nur die Nebenkläger in der Infantin für die Steuerhinterziehung eine „notwenige Komplizin“ sehen und die Staatsanwaltschaft nicht gegen sie vorgehe, müsse die Anklage fallen gelassen werden. Der Verteidiger beruft sich auf ein Urteil aus dem Jahr 2007. Damals wurde ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen den größten spanischen Banker, dem mittlerweile verstorbenen Emilio Botín der Santander Bank, eingestellt, weil die Staatsanwaltschaft dem Gesuch der Nebenkläger nicht folgte. Ein ähnlicher Antrag um die Infantin zu entlasten, wurde während der sechs Jahre dauernden Ermittlungen bereits einmal zurückgewiesen.