Europas Grenzen verläuft quer durch Afrika. „Es wurde Druck auf die Länder im Maghreb und südlich der Sahara ausgeübt, um sie in die Bekämpfung der illegalen Migration einzubinden“, heißt es in einem jüngst veröffentlicht Bericht von amnesty international (ai). Allen voran sei Mauretanien in die Rolle des „Polizisten Europas“ geschlüpft. Selbst elementarste Menschenrechte blieben dabei auf der Strecke.
Nicht nur aus Europa zurückgeführte Immigranten, sondern auch alle, die so aussehen, als könnten sie den 800 Kilometer langen Weg in Fischerbooten über den Atlantik auf die Kanarischen Inseln wagen, müssen mit Verhaftung, Internierung und Abschiebung rechnen. 2007 wurden insgesamt 7.100 Menschen über die Grenze in die Nachbarländer Mauretaniens geschafft. 2006 waren es gar 11.600. So manchner von ihnen wurde ganz einfach im verminten Niemandsland zwischen Mauretanien und der marokkanischen Westsahara ausgesetzt. „Kandahar“ heißt dieses Wüstengebiet unter Migranten.
„Es war kalt und ich hatte zwei Jacken übereinander an“, erzählt ein Mann aus Mali der ai-Delegation. Für die mauretanische Polizei war dies Beweis genug, dass der junge Mann, der sich in Mauretanien als Autowäscher verdingte, auf einem der Fischerboote auf die Kanaren übersetzen wollte. Er kam in eine zum Abschiebelager umfunktionierte alte Schule in der nordmauretanischen hafenstadt Nouadhibou. „Sie werden mich nach Mali abschieben“, ist er sich sicher.
„Guantanamito“ nennen die Migranten das völlig überfüllte Internierungslager. Die Zustände in der mit 216 Betten bestückten Schule sind verheerend. „Es ist heiß, Das Rote Kreuz bringt uns Essen, das ist alles. Wir urinieren in einen großen Eimer, der am ehemalige Lehrerpult steht“, beschreibt einer der Insassen seine Lage. 2007 machten 3.257 Menschen, meist aus dem Senegal und aus Mali, mit dem Lager Bekanntschaft.
Laut ai werden viele der Internierten von den Polizeibeamten geschlagen und bestohlen wurden. „Es gibt keinerlei rechtliche Grundlage für die Internierung“ heißt es im ai-Bericht. Menschen aus Westafrika brauchen kein Einreisevisum nach Mauretanien. Und das Land zu verlassen – selbst in einem Fischerboot – ist ebenfalls kein Delikt.
Die Politik gegen mutmaßliche Migranten ist das direkte Ergebnis der spanischen und damit der europäischen Flüchtlingspolitik. Seit 2003 besteht zwischen Spanien und Mauretanien ein Rücknahmeabkommen, in dem sich das afrikanische Land verpflichtet, nicht nur die eigenen Landsleute zurückzunehmen. Das Lager in Nouadhibou wurde nach einem Gipfeltreffen zwischen Spanien und Mauretanien 2006 eingerichtet. Im Gegenzug wurden der Armee Mauretaniens auf Kosten des Entwicklungshilfefonds vier Patrouillenschiffe überlassen und Grenzpolizisten ausgebildet. Die spanische Guardia Civil patrouilliert gemeinsam mit den Mauretanien. Ein spanisches Flugzeug und ein spanischer Helikopter operieren in Mauretanien. Die europäische Grenzagentur Frontex hat Schiffe auf hoher See.