Der Wechsel an der Spitze ist so gut wie vollzogen: Die 38-jährige Anwältin Inés Arrimadas gewann am Wochenende mit 77 Prozent der Stimmen die Urwahl der rechtsliberalen Partei Ciudadanos (Cs). Sie tritt damit die Nachfolge des nach den Wahlen im November zurückgetretenen Parteigründers Albert Rivera an. Dieser hatte das Amt niedergelegt, nachdem Cs von 57 auf zehn Abgeordnete abgesackt war. Die Wähler hatten die Liberalen für ihren Rechtsrutsch abgestraft. Arrimadas, die einst von Rivera angeheuert worden war, wird jedoch keine Erneuerung bringen: Sie trug und trägt die Linie mit.
Cs, vor 14 Jahren als Regionalpartei in Katalonien gegründet, wagte 2015 den Sprung auf die spanienweite Bühne. Rivera ging von Barcelona nach Madrid, Arrimadas trat in Katalonien seine Nachfolge an. Cs versprach, die Blocklogik aufzubrechen und je nach politischer Lage mit den einen oder den anderen zu paktieren. In Andalusien etwa bildete die Partei mit dem sozialistischen PSOE eine Regierung, in Madrid unterstützte sie eine Minderheitsregierung des konservativen Partido Popular (PP).
Nach den Regionalwahlen im vergangenen Mai änderte sich alles. Rivera hatte beteuert, kein Bündnis mit den Sozialisten einzugehen, die gegenüber der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung zu zögerlich seien. Er verschrieb sich ganz und gar der Idee eines Rechtsblocks, der die Einheit Spaniens wahren würde, und hoffte, dort stärkste Kraft zu werden. Doch dies gelang nicht. Der PP verlor zwar an Stimmen, lag aber immer noch vor Cs.
Rivera aber hielt an seiner Linie fest. In Andalusien, das bereits im Dezember 2018 gewählt hatte, in der Region Murcia und der Hauptstadtregion Madrid ging Cs mit dem PP zusammen, obwohl eine solche Koalition auf die rechtsextreme Vox angewiesen war. Erste Kritiker traten aus der Partei aus. „Wenn man die Rechte anführen will, muss man unweigerlich einige mentale Bezugspunkte der nichtliberalen Rechten akzeptieren“, warnte etwa Toni Roldán, einst wirtschaftspolitischer Sprecher der Parlamentsfraktion von Cs, als er im Juli 2019 ging.
Arrimadas Gegenkandidat Francisco Igea harrte aus. Der Parteichef und Vizeministerpräsident in der zentralspanischen Region Castilla y León versprach, Cs zurück in die politische Mitte zu führen – und unterlag damit jetzt deutlich. Auf dem Parteitag am kommenden Wochenende wird er auf weniger als zehn Prozent der Delegierten bauen können.
Nägel mit Köpfen
Cs wird von den meisten in Spanien mittlerweile als „eine der drei Rechtsparteien“ bezeichnet. Sowohl auf dem „Orgullo LGTBI“, dem spanischen Christopher Street Day, als auch bei der Kundgebung zum Frauentag am Sonntag in Madrid wurde der Cs-Block aus den Demonstrationszügen gedrängt. „Geht zu Vox!“, riefen die Menschen. Die Rechtsextremen beschimpfen die Frauenbewegung als „Verrückte des Hasses“, ohne dass Cs auf ihre Unterstützung verzichten möchte.
Arrimadas, die seit Riveras Rücktritt die Partei kommissarisch führt, hat für die kommenden Urnengänge bereits Nägel mit Köpfen gemacht. Im Baskenland, das am ersten Sonntag im April wählen wird, tritt Cs im Bündnis mit dem PP an. In Katalonien, wo Cs vor drei Jahren unter Arrimadas stärkste Partei wurde, wird es bei den vorgezogenen Neuwahlen im Sommer oder Herbst ebenfalls ein solches Bündnis geben. Umfragen zeigen, dass diese Strategie nicht wirklich aufgeht. Cs befindet sich im freien Fall.
„Wenn wir nur mit dem PP paktieren, hat Ciudadanos wenig Zukunft“, hatte Igea bei der Debatte der Kandidaten vor den Urwahlen gewarnt. Bei einem Großteil der noch verbliebenen Basis – 12.328 Mitglieder stimmten ab – blieb er jedoch ungehört. Foto: Carlos Teixidor Cadenas