Der Waldbrand im Zentrum Portugals wütet weiter. Die Flammen, die laut letzten offiziellen Angaben 62 Todesopfer und ebenso viele teils Schwerverletzte gefordert haben, breiten sich in vier Fronten von der Region rund um Pedrógão Grande in die benachbarten Distrikte Coimbra und Castelo Branco aus. Die 900 Feuerwehrleuten, die seit Samstagnachmittag versuchen den Brand unter Kontrolle zu bekommen, werden mittlerweile von rund 350 Soldaten der portugiesischen Armee unterstützt. Frankreich und Spanien haben Löschflugzeuge entsandt. Der Brand wurde durch einen Blitzschlag verursacht. Viele der Opfer verbrannten in ihren Fahrzeugen, auf der vergeblichen Flucht vor den Flammen.
Die Behörden gehen davon aus, dass die Zahl der Toten noch steigen wird. Die Hilfskräfte haben noch immer nicht alle betroffenen Gebiet erreicht. Die hohen Temperaturen, mit über 38 Grad werden auch in den nächsten Tagen anhalten. Der Wind, der das Feuer regelrecht explodieren ließ, hat etwas nachgelassen.
Die portugiesische Öffentlichkeit fragt sich derweilen, warum es in ihrem Land viel häufiger brennt, als im restlichen Europa. „Es gibt absolut nichts Neues zu sagen. In den letzten 15 Jahren wurde alles genau untersucht, erklärt und aufgeschrieben“, heisst es dazu in einem Artikel der wichtigsten Tageszeitung des Landes Público.
In den letzten Jahren entfallen rund ein Drittel der Waldbrände der gesamten Europäischen Union (EU) auf Portugal. Das kleine südwesteuropäische Land ist eines der Wald reichsten Gebiete Europas. 37 Prozent des Landes sind Wald. 85 Prozent davon sind im Privatbesitz. Eine Studie der Universität UTAD in Vila Real im Norden Portugals beklagte bereits 2015, dass große Teile dieser Ländereien von ihren Besitzern völlig vernachlässigt würden.
In den Wäldern sammeln sich herabgefallene Äste am Boden und bieten dem Feuer Nahrung. Viele der traditionellen Korkeichenhaine sind mit Hecken zugewuchert. Hinzu kommt eine Holzwirtschaft, die vor allem die Papierindustrie zum Kunden hat. Wie in Nordspanien auch, ersetzten in den letzten Jahrzehnten schnellwachsende Eukalyptus die einheimischen Arten. Eukalyptus senkt den Grundwasserspiegel, das Land trocknet aus. Hinzu kommen die für diese Bäume typischen, herabgefallene Rindestreifen, die wie Zunder brennen.
„Wer die Bilder des Waldbrandes sieht, stellt fest, dass Klimabedingungen einmal aussen vor, der Brand in einem Gebiet mit Eukalyptusplantagen, ohne jede Ordnung, mit kleinen Dörfern und Landstraßen mitten drin, ausgebrochen ist. Hier wissen wir nur zu gut, was das bedeutet“, schreibt ein Kolumnist in der Voz de Galicia, wichtigste Zeitung in der an Nordportugal angrenzenden spanischen Region Galicien. Dort kommt es seit Jahren zu heftigen Waldbränden, eben weil die Wälder ihren Charakter verändert haben.
Hinzu kommt die Spar- und Privatisierungspolitik der letzten Jahrzehnte. So wurde die Waldbrandüberwachung bereits Ende der 1990er Jahre von der damaligen sozialistischen Regierung von den der Luftwaffe abgetrennt und privatisiert. Im Laufe der Wirtschaftskrise wurden immer weniger Gelder für diese Aufgabe zur Verfügung gestellt. Eine Forstpolitik, die die Besitzer zwingt, Brandvorsorge zu betreiben, gibt es so gut wie nicht.