Die in Madrid regierenden Konservativen sind eine regelrechte Fabrik für Separatisten. Sie verweigern den Katalanen nicht nur das Recht auf eine Volksabstimmung nach schottischem Vorbild – wie sie übrigens nicht nur Katalanen fordern, die für die Unabhängigkeit eintreten. Die Regierung lässt sogar Abgeordnete und ehemalige Mitglieder der Autonomieregierung, bis hin zum ehemaligen Präsidenten, juristisch verfolgen, wenn sie im Autonomieparlament Initiativen zur Selbstständigkeit vorantreiben. Und sie vergleicht die friedlichen Katalanen mit dem gewalttätigen Separatismus der ETA.
Das soll im restlichen Spanien das Wahlvolk mobilisieren. Leider sehen auch die Sozialisten in einem Referendum die rote Linie. So weigerten sie sich mit der Antiausteritätsspartei Podemos über eine Koalitionsregierung zu verhandeln, weil diese den nationalen Minderheiten das Recht auf Selbstbestimmung einräumen wollen. Auch wenn Podemos klar macht, im Falle von Volksabstimmungen immer für die Einheit Spaniens einzutreten. „Nicht zwingen, verführen“, heißt ihr Motto.
Die Position der Sozialisten wiegt besonders schwer. Denn noch vor wenigen Jahren traten sie selbst für ein solches Recht auf Volksabstimmungen ein. Jetzt hat sie der Mut verlassen. Die Konservativen bestimmen mit ihrer harten Linie längst den Diskurs darüber, was Spanien ist und wie es auszusehen hat.
Wenn Konservative und Sozialisten tatsächlich glauben, die Katalanen so ausbremsen zu können, täuschen sie sich gewaltig. Das zeigen die erneuten Demonstrationen zum Nationalfeiertag am vergangenen Sonntag. Wer Zugeständnisse und Dialog verweigert, treibt selbst die gemäßigsten Nationalisten in das Abenteuer der einseitigen Loslösung. Entweder Madrid ruft wie die Briten in Schottland zur Volksabstimmung, oder die einseitig erklärte Unabhängigkeit wird unausweichlich kommen. Was dann? Katalonien mit Gewalt zum Verbleib zu zwingen, wie es die spanische Verfassung ermöglicht, kann ja wohl niemand im Ernst wollen./Foto: ANC