Ausserhalb Kataloniens ist Carles Puigdemont ein völlig Unbekannter. Doch zu Hause in der rebellischen nord-ost-spanischen Region gehört der 53-jährige Journalist und Sprachwissenschaftler zum harten Kern der nationalistischen Bewegung. Der zweite von acht Kindern einer Konditorfamilie im kleinen Provinzdörfchen Amer, unweit von Girona, gehörte der Jugend der Demokratische Konvergenz Kataloniens (CDC) an. neben der Politik entdeckte er in seiner Jugend die Liebe zum Journalismus. Er berichtete aus seinem engsten Umfeld über Sport und Vereinsleben.
Beides öffnete dem mit einer Rumänin verheirateten Vater zweier Kinder schon bald die Türen zu Größerem. Er arbeitete bei einer nationalistischen Tageszeitung, wurde zu deren Chefredakteur und gründete schließlich die offizielle katalanische Nachrichtenagentur im Auftrag der nationalistischen Autonomieregierung. Mit „Catalonia Today“ folgte eine englischsprachige Zeitung, um die Region und ihr Streben nach Unabhängigkeit im Ausland bekannt zu machen.
2006 zog Puigdemont für CDC als Abgeordneter ins Autonomieparlament in Barcelona ein, dem er bis heute angehört. 2011 wurde er Bürgermeister von Girona. Mit ihm gewann erstmals in der Geschichte der Nach-Franco-Demokratie ein Nationalist in der Provinzhauptstadt. Die Sozialisten sitzen seither auf der Oppositionsbank. Puigdemont regiert in Minderheit. Dabei wurde er immer wieder von der linken CUP unterstützt, die jetzt seine Wahl zum Präsidenten Kataloniens möglich macht. Seit 2015 steht er dem einflussreichen „Verband der Gemeinden für die Unabhängigkeit“ vor.
Vielen in Katalonien ist Puigdi, wie ihn seine Freunde nennen, vor allem durch den Kauf von Kunstwerken für die Stadt Girona zum Preis von 3,7 Millionen Euro ein Begriff. Der Bürgermeister legte den Betrag – ohne dies zuvor anzukündigen – auf die Wasserrechnung seiner Mitbürger um.
Puigdemont ist – anders als sein Vorgänger und enger Vertrauter – Artur Mas von jeher ein glühender Verfechter der Loslösung von Spanien. „Wir werden die Invasoren vertreiben“, zitierte er zu einem festlichen Anlass einen katalanischen Journalisten aus den 1930er Jahren. Jetzt hat er – so sieht es der Fahrplan der Separatisten vor – 18 Monate, um seinen Traum von der Republik Katalonien wahr werden zu lassen.