Hocine Ait Ahmed, einer der Großen des algerischen Befreiungskrieges, ist am Mittwoch dem 23.12.2015 im Alter von 89 Jahren verstorben. Der Gründer der größten nichtreligiösen Oppositionspartei Algeriens, der Front der Sozialistischen Kräfte (FFS), lebte im Schweizer Exil.
Mit 17 Jahren wurde er Mitglied der Partei des Algerischen Volkes (PPA), mit 22 Chef der „Organisation Special“ (OS), die 1948 für erste den bewaffnete Aktionen gegen Frankreich verantwortlich zeichnete, mit 28 wurde er einer intelektuellen Köpfe des Unabhängigkeitskrieges. Mit 30 geriet er in Haft, als die französische Armee ein Flugzeug entführte, in dem er von Marokko nach Tunesien reiste. 1962, nach der Unabhängigkeit Algeriens, kam er frei. Der hochaufgewachsene Ait Ahmed, dessen Markenzeichen ein roter Schaal war, war für seine Anhänger ein Held modernen Stils und als Sohn einer Familie, die direkt vom Propheten Mohammed abstammen soll, ein Heiliger zugleich.
Seinen Genossen war der charismatische Politiker nie ganz geheuer. 1949 wurde ihm unter dem Vorwurf „Berberist“ und somit „Separatist“ zu sein, der Vorsitz der OS entzogen. Nach der Unabhängigkeit 1962 führte ihn sein Engagement gegen ein Einparteiensystem erneut in die Opposition. Er gründete die FFS. Diese rief gegen die Weggefährten von gestern erneut zu den Waffen. Der Aufstand scheiterte. Ait Ahmed wurde zum Tode verurteilt. In der Nacht zum 1. Mai 1966 floh er aus dem Gefängnis und gelangrte in die Schweiz, wo ihm Asyl gewährt wurde.
Erst im Dezember 1989 kehrte der Jurist mit einer Doktorarbeit über Menschenrechte in Afrika unter dem Arm in seine Heimat zurück. Das Einparteiensystem war zusammengebrochen, die FFS plötzlich legal. Doch nicht der intellektuelle Demokrat Ait Ahmed konnte bei den ersten freien Wahlen im Dezember 1991 von der Unzufriedenheit der Bevölkerung profitieren, sondern die FIS. Ein Militärputsch zeichnete sich ab. „Vive la democracie“ rief Ait Ahmed am 2. Januar 1992 300.000 Anhängern zu, die auf die Straße gegangen waren, um eine Machtübernahme der Armee zu verhindern. Zu spät. Die Wahlen wurden abgebrochen. Der Konflikt, der 200.000 fordern sollte, begann.
Ait Ahmed ging einmal mehr nach Lausanne. Vom Exil aus, propagierte er die nationale Aussöhnung. Er gehört zu den Vätern des Treffens aller Oppositionsparteien, die FIS und die ehemalige Einheitspartei FLN, 1995 in Rom, das von den Generälen eine Dialoglösung forderte. Die Machthaber wollten davon nichts wissen. 1999 versuchte er noch einmal sein Glück und kandidierte zum Staatspräsidenten. Er zog zusammen mit allen anderen oppositionellen Kandidaten seine Kandidatur kurz vor dem Urnengang zurück. Zu offensichtlich zeichnete sich ein breiter Wahlbetrug ab. Präsident wurde Abdelaziz Bouteflika, der bis heute Algerien regiert./Foto: FFS