Seit dem 24. Juni hockt Ali Lmrabet nun schon unter den Bäumen gegenüber des Sitzes des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen in Genf. Der 56-jähriger marokkanische Journalist ist im Hungerstreik. „Ich will meinen Personalausweis“, erklärt er. Die Behörden in seiner Heimatstadt, dem nordmarokkanischen Tetuan, verweigern ihm das Dokument. Die Anweisungen dazu kommen, da ist sich Lmrabet sicher, von ganz oben.
Denn Lmrabet ist einer der bekanntesten, kritischen Journalisten des Landes. Er wurde 2005 zu zehn Jahren Berufsverbot verurteilt. Jetzt wo dieses abgelaufen ist, würde er gerne wieder eine Zeitschrift gründen. „Doch ohne Personalausweis keine Lizenz“, erklärt Lmrabet, der mittlerweile vom Bürgermeister in Genf sowie vom Berichterstatter für Menschenrechtsfragen der UNO und vom bekannten Schweizer Soziologen und Globalisierungskritiker Jean Ziegler besucht wurde. Die Botschaft seines Landes und die Behörden zu Hause rühren sich trotz Hungerstreik nicht. Mittlerweile ist auch noch sein marokkanischer Pass abgelaufen.
Lmrabets Akte in Marokko ist lange. Erst schrieb er in verschiedenen kritischen Publikationen. Dann wurde er Chefredakteur bei Le Journal, einer politischen Wochenzeitschrift. Als erster marokkanischer Journalist interviewte der streitbare Journalist den Präsidenten der Befreiungsbewegung Polisario Mohamed Abdelaziz und besuchte die sahrauischen Flüchtlingscamps im südwestalgerischen Tindouf. Für das marokkanische Königshaus ist die Westsahara integraler Bestandteil Marokkos. Außerdem veröffentlichte Lmrabet das erste Interview mit einem israelischen Premier, mit Netanyahu, in der arabischen Welt.
Schließlich gründete Lmrabet im Jahr 2000 mit Demain sein eigenes Blatt. Zweimal wurde das Publikation verboten.2003 wurde Lmrabet Majestätsbeleidigung vorgeworfen. Er hatte über den möglichen Verkauf eines königlichen Palastes berichtet. Er bekam vier Jahre Haft. Nach einem Hungerstreik durfte er nach Europa ausreisen. Ihm wurde bis April 2015 untersagt in seiner Heimat als Journalist tätig zu sein. Lmrabet ließ sich in Barcelona nieder und arbeitete für die spanische Presse.
Seine neues Projekt ist eine Satirezeitschrift. Mit von der Partie sind – sofern Lmrabet einen Personalausweis und eine Lizenz erhält – der bekannte marokkanische Komiker Bziz und einer der wohl beste Karikaturist des Landes Khalid Gueddar.