Die Finanzaufsicht in Andorra (Inaf) hat die die Kontrolle über die Banca Privada D’Andorra (BPA) übernommen. Das teilte die Regierung des als Steuerparadies geltenden Pyrenäenlandes zwischen Spanien und Frankreich am Dienstag mit. Das private Geldinstitut im Besitz der Gebrüder Cierco steht unter dem Verdacht Milliarden reingewachsen zu haben. Die Finanzaufsicht wird jetzt alle Unterlagen sichten. Die Ermittlungen gehen auf einen Vorwurf der us-amerikanischen Finanzbehörde FinCEN zurück. Diese will festgestellt haben, dass die BPA an kriminellen Finanztransaktionen beteiligt war. Sie soll Gelder mafiöser Organisationen aus Russland, China und Venezuela sowie aus Korruption in unterschiedlichen Länder gewaschen haben. Alleine aus Venezuelas Erdölgeschäft sollen zwei Milliarden US-Dollar auf dunkeln Wegen bei der BPA gelandet sein.
Auch in Spanien intervenierte die Zentralbank die Banco de Madrid, eine Tochter der BPA. Die Banco de Madrid verfügt über 23 Filialen in ganz Spanien. Sie geriet bereits vor Monaten in die Schlagzeile, nachdem bekannt wurde, dass die Familie des ehemalige Ministerpräsident der Autonomen Region Katalonien, Jordi Pujol, im Rahmen einer Steueramnestie Millionen aus Andorra nach Spanien zurücküberführt hatte. Gegen Pujol, Frau und Söhne wird in Spanien ermittelt.
Unter denen, die in Andorra Geld gewaschen haben sollen, befindet sich der chinesische Geschäftsmann Gao Ping. Er hatte in Spanien ein breites Netzwerk aufgebaut, mit dessen Hilfe er spanischen Steuerhinterziehern und Korrupten Gelder wusch. Sie zahlten es an Gao Ping und erhielten gegen eine Kommission Bares im Ausland oder richteten ein Konto in einem Steuerparadies ein. Gao Ping sitzt in Spanien in Untersuchungshaft.
„Der Vorfall stellt den Finanzplatz Andorra nicht in Frage, weder seine Liquidität noch die Solvenz“, erklärte die Inaf-Generaldirektorin María Cosan gegenüber der Presse. „Es betrifft einen Bank und ein ganz konkreten Teil dieser Bank“, versucht die Kunden und Öffentlichkeit zu beruhigen. Aus Madrid kommen ähnlich beschwichtigende Töne.
Doch ein Blick auf die Statistiken verwundert schon. Andorra – dessen Staatsspitze sich der Präsident der französischen Republik und der Bischof im spanischen Urgell teilen – hat bei gerade einmal 76.000 Einwohnern fünf Banken mit 40 Filialen. Sie sollen insgesamt Einlagen von 40 Milliarden Euro verwalten. Die Geldhäuser unterhalten Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten auf den Bahamas, Panama, Monaco bis hin in die Schweiz und Luxemburg.
Laut französischer und spanischer Presse genügte jahrelang ein falscher Name und eine erfundene Adresse, um Geld in Andorra zu hinterlegen. So mancher reiche Unternehmer und bekannte Sportler nutzen dies, um den Fiskus zu Hause in Spanien oder Frankreich zu umgehen. Das Bankgeschäft macht 20 Prozent des BIP des Pyrenäenlandes aus.
Es war der französische Präsident Nicolás Sarkozy, der einen ersten zaghaften Wandel in diesen Geschäftsgebaren einleitete. Er drohte damit seine Funktion als Staatsoberhaupt abzugeben, falls Andorra sich nicht an internationale Spielregeln halten sollte. Andorra reformierte daraufhin das Bankengesetz. Ab 2011 wird das Land von seinen Nachbarn und den restlichen OECD-Staaten nichtmehr als Steuerparadies geführt. Andorra gibt seither im Falle von richterlichen Ermittlungen Informationen über Bankkunden preis. Die Ermittlungen gegen den ehemaligen katalanischen Regierungschef und seine Familie sind ein Beleg dafür.
Allerdings ist es nach wie vor lukrativ seinen Wohn- oder Geschäftssitz von Spanien oder Frankreich in die Pyrenäen zu verlegen. Der Spitzensteuersatz der vor wenigen Monaten eingeführten Einkommenssteuer liegt bei zehn Prozent. Es gibt weiterhin keine Erbschafts- und Kapitalsteuer und die Mehrwertsteuer beläuft sich auf gerade einmal 4,5 Prozent, was Andorra zum Einkaufsparadies macht.