Spaniens Tenniswelt steht Kopf. „Eine Provokation“, „seltsam“, „eine voreilige Entscheidung“, schimpfen Spieler und Manager über den Beschluss des spanischen Tennisverbandes (RFET), mit Gala León erstmals eine Frau zur Käpitänin des David Cup Teams zu ernennen. Sie ersetzt den aus persönlichen Gründen zurückgetretenen bisherigen Trainer und ehemaligen Starspieler Carlos Moyá.
Allen voran empörte sich der Onkel und Trainer des Tennisstars Rafa Nadal, Toni Nadal, und vergriff sich dabei heftig im Ton. „Es ist seltsam, dass es eine Frau ist. (…) Mir gefallen die einfachen Dinge und ich glaube am einfachsten wäre es gewesen, dass es ein Mann wird“, erklärte er gegenüber dem staatlichen Rundfunk RNE. „Das kann zu logistischen Schwierigkeiten führen, wenn du viel Zeit leichtgekleidet in der Umkleidekabine verbringst“, führte er als Begründung an. Jetzt muss er sich Frauenfeindlichkeit und Machismus vorhalten lassen.
Toni Nadal findet Unterstützung im spanischen Tenniszirkus. „Wenn immer möglich, muss es ein Mann sein“, erklärt auch Fernando Verdasco – Nummer 14 auf der derzeitigen Weltrangliste. „Entscheidungen müssen gut durchdacht werden“, sagt der Ex-Spieler und Trainer Alberto Berasategui. Und für Tomás Carbonell, der einst selbst dem Davis Cup Team angehörte, ist die Ernennung Leóns schlicht „eine Provokation“. Die spanische Presse zitiert mehrere aktive Spieler, ohne Angaben von Namen: „Ich kann einfach nur lachen. Ich kann das nicht verstehen“, soll einer gesagt haben. „Das ist traurig, die wollen uns wohl verarschen“, ein anderer. „Es ist Selbstmord, in dieser Situation den Posten anzunehmen“, warnt Carbonell die neue Kapitänin.
Gala León ist keine Unbekannte im spanischen Sport. Die 40-Jährige, die bisher Sportdirektorin im Tennisverband war, gewann in ihrer aktiven Zeit zweimal die spanische Tennismeisterschaft und brachte es bis auf Platz 27 der Weltrangliste. Nachdem sie den Schläger an den Nagel hängte, trainierte sie mehrere Nachwuchsspielerinnen, unter anderen die Russin Jekaterina Walerjewna Makarowa. Den Kritikern um Toni Nadal ist das zu wenig. „Sie kennt den Männertennis nicht. Und sie kennt die Spieler nicht“, halten sie León vor.
Rafa Nadal, Neffe und Zögling von Toni Nadal, hat sich bisher zu den Aussagen seines Onkels nicht geäussert. Nur ein Spieler zeigt sich erfreut über die Ernennung Leóns, allerdings ist er kein Spanier. „Glückwünsche für Gala León, die erste Frau als Kapitänin des spanische Davis Cup Team. Hoffentlich ist sie die erste von vielen“, schreibt Andy Murray auf Twitter. Der britische Tennisspieler wird – undenkbar für seine spanischen Kollegen – von einer Frau trainiert.
„Es ist nichts darüber bekannt, dass es in den 20 Jahren, in denen ein Mann dem weiblichen Team des Federation Cups vorstand Probleme mit den Handtüchern im Umkleideraum gab“, erklärt die Sprecherin des meistgehörten Morgenprogramms im spanischen Privatrundfunk Cadena Ser, Pepa Bueno. Sie zählt eine lange Liste von Männern auf, die in allen Sportarten Frauenmannschaften betreuen. Für die Vorsitzende der staatlichen spanischen Sportbehörde (CSD), Ana Muñoz, ist die Ernennung Leóns „eine gute Nachricht für alle Frauen, die sich dem Sport widmen“.
Auch bei den Parteien des Landes stösst die Aufregung um León auf Unverständnis. Der Fraktionssprecher der konservativen Regierungspartei Partido Popular, Alfonso Alonso bezichtigt Nadal „sehr alter Vorurteile, die es so nicht mehr geben dürfte“. Und selbst für einen Sprecher der katholischen Baskisch Nationalistischen Partei ist Nadals Verhalten einfach nur „lächerlich“.
Die Betroffene Gala León selbst hält sich mit Erklärungen weitgehend zurück. „Ich werde anklopfen, bevor ich den Umkleideraum betrete“, reagierte sie auf Nadals logistische Bedenken.