Die UNESCO schlägt Alarm. Der südspanische Doñana-Nationalpark leide unter „dem sich summierenden Einfluss einer ganzen Reihe von Bedrohungen für seinen besonders hohen natürlichen Wert“, heißt es in einem Bericht des für Welterbe zuständigen World Heritage Centers und der Internationale Union für die Bewahrung der Natur und natürlicher Ressourcen (IUCN) von Ende Juni. „Falls diese Probleme nicht angegangen werden, könnte der Park bald schon die Bedingungen erfüllen, um auf die Liste für bedrohte Welterbe zu kommen“, warnen die UNESCO-Stellen die spanischen Behörden.
Die Lagunen und Sumpfgebiete am Unterlauf des Guadalquivir sind Brutgebiete und Rastplatz für Wasser- und Zugvögel und stellen somit eine für Südeuropa einmalige Landschaft dar. Der UNESCO-Bericht führt eine ganze Liste von Bedrohungen für die Feuchtgebiete in Doñana auf – allen voran die Landwirtschaft rund um den Park.
60 Prozent der in Spanien produzierten Erdbeeren stammen von hier. Viele Landwirte bewässern ihre Pflanzen mit illegal geschlagenen Brunnen. 1000 nicht genehmigte Bohrlöcher zählen die Behörden auf den 6.000 Hektar Erdbeerfeldern, 2000 die Verbände der Landwirte vor Ort.
Rund 50 Prozent des Wassers für die Felder werden, so eine Studie der Umweltschutzorganisation WWF, ohne Genehmigung dem Grundwasser entnommen. Die Auswirkungen auf die Feuchtgebiete sind verheerend. „Der Wasserspiegel ist soweit gesunken, dass die Lagunen an der Küste mittlerweile selbst in sehr regenreichen Jahren austrocknen“, berichtet die für Wasser zuständige WWF-Biologin Eva Hernández. Eine Studie zeige, dass Doñana in Sachen Wasser heute, nach mehreren niederschlagsreichen Jahren, schlechter dastehe, als 1995, dem letzten Jahr der jüngsten länger anhaltenden Trockenperiode.
Hernández beklagt diese Missstände schon seit Jahren. Doch die Behörden gehen nur langsam gegen die illegale Wassernutzung vor. Schließlich bringt das Geschäft mit der Erdbeere 400 Millionen Euro pro Jahr. 4,5 Millionen Arbeitstage sind nötig um die Felder zu bestellen. Und Jobs sind in Südspanien besonders rar.
Die meisten Früchte werden nach Mittel- und Nordeuropa geliefert. „Wir haben bereits vor längerem bei den Verbrauchern und bei den großen Abnehmern eine Aufklärungskampagne gestartet“, erklärt Hernández. Mit Erfolg. Einige Supermarktketten wie die deutsche REWE, oder die Schweizer COOP und Migros kaufen nur noch Erdbeeren bei denen sie die Wasserwirtschaft nachvollziehen können. „Wir sind uns im Klaren darüber, dass wir das Problem nicht von heute auf morgen lösen können, aber die Behörden müssen eindlich einen langsamen Wandel einleiten“, mahnt Hernández.
Doch die Landwirtschaft ist längst nicht die einzige Bedrohung für das Naturschutzgebiet Doñana. Die UNESCO beklagt die hohe Dichte an Infrastruktur rund herum. Die Küste am Atlantik ist Urlaubsgebiet. Die einstigen kleinen Fischerdörfer sind zu riesigen Bettenburgen angewachsen. Hinzu kommen die Pläne für eine Gaspipeline und Gasförderung in unmittelbarer Nähe des Parks. Umweltschützer und UNESCO fordern eine Umweltverträglichkeitsstudie und den Stopp des Vorhabens. Eine Ölpipeline, die vom Hafen in Huelva ins Landesinnere führen sollte, darf nicht gebaut werden. Dies ist der einzige positive Punkt, den die UNESCO in ihrem Bericht hervorhebt.
Die größte aktuelle Bedrohung komme, so die Wächter über Welterbe, vom Plan den Unterlauf des Guadalquivir ein ein halb Meter zu vertiefen, um so den Hafen in Sevilla – 100 Kilometer vom Meer entfernt – für große Handelsfrachter zugänglich zu machen. „Der Fluss ist direkt mit den Feuchtgebieten verbunden“, heißt es im UNESCO-Bericht. Sie geben den Studien des WWF und anderer Umweltschützer recht, die befürchten, dass Wasserstand in Doñana durch das Bauvorhaben absinken und die Sandbänke am Ufer des Flusses abrutschen könnten. Eine tiefere Fahrrinne bedeutet auch mehr Salzwasser im Unterlauf des Guadalquivir. Das eindringende Atlantikwasser hätte nicht abzusehende Auswirkungen auf die Vegetation im Nationalpark und auf die Reisfelder auf der anderen Seite des Flusses. „Eine Regeneration des Flusses schafft wesentlich mehr Arbeitsplätze dank lokaler Ökonomie und grünem Tourismus, als eine Vertiefung des Flusses“, ist sich Hernández sicher.
Die spanischen Behörden werden wohl endlich handeln müssen. Denn die UNESCO will im Februar kommenden Jahres konkrete Pläne für die Lösung des Problems sehen. Sollten diese nicht vorliegen, droht Doñana die Einstufung als bedrohtes Welterbe und dies wäre schlecht für die Region, in der viele vom Geschäft mit den Besuchern lebt.