© 2013 Reiner Wandler

Vorwärts, und längst vergessen …

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„Sonntagsreden, nichts als Sonntagsreden“ könnte des Resümee des diesjährigen 1. Mais lauten. DGB-Chef Michael Sommer predigte das „soziale Europa“, „gute Arbeit“ und „sichere Rente“. Seine Kollegin im Europäische Gewerkschaftsbund (EGB), Bernadette Ségol, tut es ihm gleich und redet von der „Förderung des europäischen Sozialmodells“. Beide scheinen dabei völlig zu übersehen, dass dies für viele in der EU, und auch im reichen Deutschland selbst, längst Geschichte ist.

Der Alltag ist prekäre Arbeit, Kürzungen im Rentensystem und ein Europa das nur noch dem Diktat der Großbanken und Märkten gehorcht. Während Brüssel und Berlin immer weiter an der Sparschraube drehen und Länder wie Griechenland, Portugal, Zypern oder Spanien ersticken, verabschiedet der EGB Studien zu einem europäischen Marshallplan, analysiert die Binnennachfrage als Lösung für die Arbeitslosigkeit, versagt aber bei der Mobilisierung der arbeitenden Bevölkerung für ihre Interessen und für Solidarität mit den anderen völlig.

Traurigstes Beispiel für die fehlende europäische Solidarität war der Aktionstag im vergangenen November. Während in Südeuropa erfolgreich zum Generalstreik gerufen wurde, veranstaltete der DGB Kundgebungen, die über ein paar Hundert Teilnehmer nicht hinausgingen. Dabei wäre es nicht so schwer zu erklären, dass des Einen Reichtum des Anderen Armut ist. Stattdessen haben sich viele Gewerkschafter im reichen Teil Europas in die nationale Interessen einbinden lassen.

Gewerkschaftspolitik in den Ländern, die sich wie Deutschland bislang der Krise weitgehend entziehen konnten, ist immer mehr Klientelpolitik. Solidarität mit den KollegInnen im Süden ist dabei ein heißes Pflaster. Die Legende der konservativen Sparpolitiker, nach der die Südeuropäer über ihre Verhältnisse gelebt haben und jetzt ein Gefahr für Sparer und Rentner im Norden darstellen, wird auch an der Gewerkschaftsbasis geglaubt.

Die fehlende Einheit der europäischen Gewerkschaftsbewegung fiel in Jahren der Hochkonjunktur wenig ins Gewicht. Doch jetzt in der Krise, in der die EU auf Rezepte setzen, die ganz offensichtlich nicht funktionieren, rächt sich dies. Eine traurige Entwicklung in Zeiten in denen Europa – nicht zuletzt, um das Projekt der Einheit zu retten – starke, solidarische Arbeitnehmerorganisationen nötiger hätten denn je.

Was bisher geschah: