© 2013 Reiner Wandler

Moderne Ruinen – eine Topografie der Bereicherung

Die Ausstellung „Moderne Ruinen – eine Topografie der Bereicherung“ von Julia Schulz-Dornburg in Berlin und Madrid nimmt den Betrachter mit auf eine Reise durch das aktuelle Spanien. Es ist das Land des Baubooms, der 2007 abrupt endete. Es ist die Landschaft einer Gesellschaft, die in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre für mehr als ein Jahrzehnt dem kollektiven Monopolie verfiel. Alle investierten in rote Backsteine, in der Hoffnung, sie würden sich in Gold verwandeln.
Dies ging gut, solange ständig neues, billiges Kapital in noch verwegenere Siedlungen, Freizeitanlagen und Infrastruktur floss und die Menschen mit der Erwartung auf Superrenditen kauften. Als der weltweite Finanzmarkt ins Wanken kam, stürzte Spaniens Bauindustrie wie ein Kartenhaus in sich zusammen und hinterließ überall Ruinen und eine tödlich getroffene Gesellschaft.
„Der spanische Bauboom und sein unheilvolles Ende haben einen neuen Typus von halbverbauter Landschaft wuchern lassen“, erklärt die Fotografin. Ihre Bilder sind eine subjektive Bestandsaufnahme, entstanden in mehreren Reisen von insgesamt 10.000 Kilometern in zwei Jahren. Die Panoramaaufnahmen sind voller morbidem Reiz. Doch dahinter verbirgt sich eine soziale Katastrophe.

Jedes Bild zeigt ein verlassenes Bauprojekt. Auf den Schulden blieben die Banken und Sparkassen sitzen, die allzu bereitwillig mitzockten, in dem sie Milliarden an Kredite vergaben, um die Maschinerie mit ihren Spekulatiuonsgewinne am Laufen zu halten. Jetzt muss Europa die spanische Finanzbranche retten. Und die Bevölkerung leitet unter den Auflagen in Form von Sozialkürzungen.
Mit dem Blatzen der Spekulationsblase implodierte der Arbeitsmarkt. 26 Prozent sind mittlerweile ohne Job. Viele derer, die mit ihren Wohnungen nicht spekulierten, sondern sie tatsächlich als Eigenheim kauften, können die Kredite nicht mehr abbezahlen und werden zwangsgeräumt. Und wer das Geld für die Raten noch immer aufbringt, bezahlt für seine Immobilie einen Preis, der längst nicht mehr am Markt erzielt werden kann.
Die Fotoserie von Julia Schulz-Dornburg führt den Betrachter durch die Zeit als Spanien reich war, ohne wirklich an die Zukunft zu denken. Es sind Bilder von Narben, die noch jahrzehntelang von einer dem Land auf der iberischen Halbinsel so eigenen Mentalität zeugen werden und die ein altes spanisches Sprichwort als „Brot für heute, Hunger für Morgen“ resümiert.
Madrid 
21. März bis 9. Juni 2013
Museo ICO
C/ Zorilla, 3
Berlin
22. März bis 9. Mai 2013
Galerie Aedes am Pfefferberg
Christinenstr. 18-1
… und als Buch bei Ambit.

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