Spaniens König Juan Carlos I. hat schon bessere Zeiten gesehen. Der Korruptionsskandal um Iñaki Urdangarin – Ehemann der Königstochter Cristina – sorgt für immer neue Schlagzeilen und schadet dem Ruf des 75-jährigen Monarchen. Der königliche Schwiegersohn und dessen Partner Diego Torres müssen bis kommende Woche bei Gericht 8,1 Millionen Euro als Kaution hinterlegen. Wenn nicht, droht ihnen die Pfändung aller Besitztümer und gar Untersuchungshaft. Ende Februar muss Urdangarin erneut vor den Ermittlungsrichter. Doch damit nicht genug. Erstmals wird dann auch der Privatsekretär von Infanta Cristina und deren Schwester Elena, Carlos García Revenga, verhört. Der enge Vertraute des Königs wird nicht etwa als Zeuge geladen, sondern als Beschuldigter. Er war der Kassenwart des Instituto Nóos – einer vermeintlich gemeinnützigen Einrichtung, mit deren Hilfe Urdangarin und Torres mindestens sechs Millionen Euro aus öffentlichen Kassen in Steuerparadiese verschoben haben.
© 2013 Reiner Wandler
Monarchie und Alltag
Während die Ehefrau von Geschäftspartner Torres ebenfalls der Veruntreuung beschuldigt wird, konnte das Königshaus Infanta Cristina bisher aus den Ermittlungen heraushalten, und das obwohl auch sie als Miteigentümerin eines Teiles des Unternehmensgeflechts ihres Ehemannes fungierte. Ständig neue Beweise, lassen befürchten, dass eine Vorladung nur noch eine Frage der Zeit ist.
Der lange Schatten der Ermittlungen fällt mittlerweile selbst auf König Juan Carlos. In einer Reihe von Emails aus dem Schriftverkehr des Instituto Nóos taucht Corinna Sayn Wittgenstein, „die enge Freundin des Königs“ – die freundliche Umschreibung der spanischen Presse für „Geliebte“ – auf. Längst fragen sich Bevölkerung und Presse: Was wusste der König und was wusste die Infanta von den Machenschaften Urdangarins?
Das System war einfach. Das Instituto Nóos organisierte Sportveranstaltungen und Kongresse. Der ehemalige Handballprofi und Olympiasieger Urdangarin, der dank seiner Ehe mit Infanta Cristina den Titel Herzog von Palma trägt, bot Stadtverwaltungen, Regionalregierungen, sowie Fußballvereinen und Großunternehmen seine Dienste an. Anstatt die Aufträge auszuschreiben, wurden sie per Handschlag besiegelt. „Bei jedem anderen wäre eine öffentliche Ausschreibung nötig gewesen, aber es handelte sich um den Herzog von Palma„, erklärt Jaume Matas, einst Regierungschef auf den Balearen Inseln und mittlerweile selbst wegen Korruption vor Gericht, warum er bereitwillig Verträge über 2,3 Millionen Euro mit dem Instituto Nóos abschloss.
Urdangarin trieb die Preise für seine oft fiktiven Dienstleistungen in die Höhe. Nóos vergab dann Aufträge an Subunternehmen, die ebenfalls Urdangarin, Torres und deren Ehefrauen gehörten. Das Geld verschwand in Richtung London, Belize, in die Schweiz oder auf Konten in Luxemburg und Andorra. „Das Handeln war von einem maßlosen Gewinnstreben geleitet“, schreibt der Ermittlungsrichter in Palma de Mallorca in seinem mehr als 500-seitigen Ermittlungsbericht über das vermeintlich gemeinnützige Unternehmen.
Der Skandal schadet dem Königshaus. Bei jüngsten Umfragen des staatlichen Meinungsforschungsinstitutes CIS gaben die Spaniern der Monarchie erstmals in der Geschichte nur noch die Note „Ungenügend“. Weitere Umfragen wurden daraufhin keine mehr gemacht. König Juan Carlos startete stattdessen eine Charmeoffensive. Ein wöchentliches Programm im Staatsfernsehen berichtet über seine Aktivitäten sowie die von Kronprinz Felipe. Erstmals in zwölf Jahren gab Juan Carlos außerdem ein Fernsehinterview. Fragen zum Skandal um Schwiegersohn und Tochter standen allerdings nicht auf dem Programm.