Die erste Runde geht an das Regime von Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika. Ein starkes Polizeiaufgebot verhinderte Samstag Morgen eine Demonstration in der Hauptstadt Algier für die Aufhebung des seit 19 Jahren gültigen Ausnahmezustandes und demokratische Reformen. Gerufen hatte Nationale Koordination für den Wandel und die Demokratie (CNCD), ein Bündnis aus unabhängigen Gewerkschaften, Oppositionsparteien, Menschenrechts- und Jugendorganisationen sowie Intellektuellen. Die Veranstalter erklärten um 13 Uhr den gescheiterten Marsch für beendet, als eine Gruppe von Provokateure auftauchte, „die wie in Ägypten vor wenigen Tagen aggressiv Präsident Bouteflika verteidigten“, erklärt der Sprecher der CNCD und Vorsitzende der algerischen Menschenrechtsliga, Mustafa Bouchachi, per Telefon. Auch in der zweitgrößten Stadt des Landes, Oran, verhinderte die Staatsmacht Proteste gegen Präsident Bouteflika, der seit 12 Jahren an der Macht ist. In Tizi Ouzou und Bejaia, den beiden Städten der Berberregion Kabylei, kam es zu heftigen Straßenschlachten.
Bereits in der Nacht auf Samstag war es in Algier zu ersten Zusammenstößen zwischen Oppositionellen und der Polizei gekommen, als sich spontan mehrere hundert Menschen im Stadtzentrum trafen, um die Revolution in Ägypten zu feiern. „Nach Mubarak jetzt Bouteflika“, riefen sie. Am Morgen dann, glich Algier einen Heerlager. Zwischen 25.000 und 30.000 Polizisten hatten das gesamte Zentrum besetzt und die Zufahrtsstraßen abgeriegelt. Der Bus- und Bahnverkehr aus den Vororten wurde unterbrochen. Ein Hubschrauber überwachte die Szene.
Mehrere Hundert mutmaßliche Demonstranten wurden festgenommen, als sie versuchten zum Versammlungsort, dem Platz des 1. Mai, zu gelangen, unter ihnen auch mehrere Journalisten. Dennoch wuchs die Menge auf 10.000 bis 15.000 Menschen an. Der Platz wurde umstellt. Ein Ausbruch von etwa 2.000 Protestierenden aus dem Kessel war von kurzer Dauer. Der Polizei gelang es, die Menge erneut einzukreisen. Am Nachmittag gingen Gerüchte um, dass versucht werden solle, entweder auf dem Platz des 1. Mai oder dem vier Kilometer entfernten Platz der Märtyrer ein Protestcamp zu errichten, ähnlich dem auf dem Befreiungsplatz in Kairo.
„Die CNCD wird am Sonntag zusammentreffen, um weitere Protestaktionen vorzubereiten“, berichtet Bouchachi am Telefon. „Einmal, zweimal, drei mal … wir werden es solange versuchen, bis wir endlich marschieren können“, fügt er hinzu. Die CNCD war im Januar entstanden, nachdem eine Erhöhung der Preise für Grundnahrungsmitteln zu schweren Jugendunruhen überall im Lande geführt hatten. Vor einer Woche versprach Präsident Bouteflika „die baldige Aufhebung des Ausnahmezustandes“. Bisher ist dies allerdings nicht geschehen.
Auch im benachbarten Marokko brachten in der Nacht auf Samstag mehrere hundert Menschen in der Hauptstadt Rabat ihre Freunde über die geglückte Revolution in Ägypten zum Ausdruck. Auch sie forderten eine Demokratisierung des Königreiches von Mohamed VI.. Im Internet zirkuliert ein Aufruf für einen Protesttag am 20. Februar. Ähnlich wie in Tunesien, Ägypten oder in Algerien versuchten sich vor knapp zwei Wochen eine Gruppe von 40 arbeitslosen Lehrern vor dem Bildungsministerium in Rabat selbst zu verbrennen. Die Polizei konnte dies gerade noch verhindern. Marokko gilt als wesentlich stabiler als Tunesien oder Algerien, obwohl es dort um Lebensstandard und Freiheiten auch nicht besser bestellt ist. König Mohamed VI. ist nicht nur Staatschef. Er ist offiziell auch der Führer aller Gläubigen. Das macht ihn für Kritik fast unerreichbar.