© 2010 Reiner Wandler

Mit Ausländerfeindlichkeit auf Stimmenfang

Die Umfrage war ein Schock. „24 Prozent könnten eine ausländerfeindliche Partei wählen“, titelte El Periódico, die zweitgrößte Tageszeitung der Region Katalonien im spanischen Nordosten Ende März. Die Rede ist von der Plataforma per Catalunya – Plattform für Katalonien – (PxC). Die Partei, die seit 2007 in sieben Gemeinde- und Stadträten vertreten ist, wird damit bei den Kommunalwahlen in einem Jahr flächendeckend Erfolge feiern können. Und wenn die Umfrage recht hat, zieht mit PxC bei den Katalonienwahlen im Herbst wohl erstmals eine rassistische Gruppierung in ein spanisches Autonomieparlament ein.

Parteiführer Josep Anglada, der sich mit Kampagnen gegen den Bau von Moscheen einen Namen machte, hofft gar darauf, dass ohne seine PxC keine Autonomieregierung in Barcelona zustande kommen wird. Das katalanische Parlament besteht bereits jetzt aus sechs Parteien. Käme PxC und eine weitere nationalistische Kraft um den Präsidenten des FC Barcelona, Joan Laporta, hinzu, könnte die Rechnung Angladas aufgehen.

PxC versteht es geschickt Ängste zu schüren. Die Identität sei durch „Überfremdung“ und „Islamisierung“ in Gefahr. „Es ist einfach so, die Immigranten haben mehr Vorteile als die Einheimischen“, wettert Anglada. Er sitzt zusammen mit drei weiteren Gesinnungsgenossen im Stadtrat von Vic, unweit von Barcelona. Auf Anhieb wurde PxC bei den Wahlen 2007 in der 40.000 Einwohner zählenden Stadt zur zweitstärksten Kraft. 90 Nationalitäten leben hier. Die sozialen Spannungen, vor allem in den ärmeren Aussenbezirken, sind nicht zu übersehen. Ein idealer Nährboden für ausländerfeindliche Politik.

Und die hat längst auch die anderen Parteien angesteckt. So machte sich der Bürgermeister aus den Reihen der gemäßigt-nationalistischen Convergència i Unió (CiU), Josep María Vila d’Abadal, Forderungen Angladas zu eigen. Im Januar gab D’Abadal, der mit der Unterstützung der Sozialisten von Spaniens Regierungschef Zapatero und der für die Unabhängigkeit Kataloniens eintretenden Republikanischen Linken regiert, bekannt, er werde keine Ausländer ohne Aufenthaltsgenehmigung beim Einwohnermeldeamt eintragen. Die Regierung in Madrid stoppte dieses Ansinnen, denn die Betroffenen hätten damit das Recht auf kostenlose Gesundheitsversorgung und auf die Einschulung ihrer Kinder verloren. Doch D’Abadal gab nicht auf. Jetzt können sich die „sin papeles“ wieder einschreiben, doch das Rathaus meldet sie an die Ausländerbehörden weiter, mit Bitte um Abschiebung. „Ich bedanke mich bei der Stadtverwaltung für das Geschenk“, erklärte PxC-Mann Anglada zufrieden.

Auch in Badalona, Kataloniens drittgrößter Stadt, geht ein Politiker mit Ausländerfeindlichkeit auf Stimmenfang. Es handelt sich um Xavier García Albiol, Spitzenkandidat der konservativen Volkspartei (PP). Ihm fehlen nur zwei Gemeinderäte, um den Sozialisten das Bürgermeisteramt abzujagen. Mit Flugblättern gegen rumänische Romas will er das erreichen. Er beschimpft sie als „eine Plage“, die gekommen sei „um kriminellen Aktivitäten nachzugehen“. Offiziell distanzierten sich alle Parteien von Albiol. Doch der blog des CiU-Spitzenmannes in Badalona, Vizebürgermeister Ferran Falco, spricht eine andere Sprache. „Ich kenne kaum einen, der nicht vom Betteln und Diebstählen lebt“, steht da zu lesen.

Nur ein führender Kommunalpolitiker traute sich bisher offen gegen das Kokettieren seiner Partei mit der Ausländerfeindlickeit zu protestieren. „Ich bin nicht in der Politik, um Rechte beschneiden“, erklärt der Sozialist Miquel Franch. Der Bürgermeister von Torelló und stellvertretende Vorsitzende der Sozialisten im Landkreis um Vic, kann nicht verstehen, warum seine Partei Bürgermeister D’Abadal weiterhin unterstützt. Franch trat diese Woche von all seinen Ämtern zurück.

Was bisher geschah: